Freizeit in Remscheid Drei Jahre Wartezeit auf eine Parzelle

Remscheid · In der Kleingartenanlage Neuenkamp züchten einige der Pächter bereits die bergische Zitrone. Eine Reaktion auf den Klimawandel und die steigenden Temperaturen..

 Mitten in Remscheid und doch ganz abgeschieden: der Kleingartenverein Neuenkamp.

Mitten in Remscheid und doch ganz abgeschieden: der Kleingartenverein Neuenkamp.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Kleingartenanlage Neuenkamp macht ihrer Bezeichnung alle Ehren. Denn mit gerade einmal 39 Parzellen ist das grüne Idyll am Südhang des Südbezirks an der Fichtenhöhe tatsächlich eine der kleinsten Gartenanlagen der Stadt. Viel Fluktuation bei den langjährigen Pächtern gibt es nicht. Die Nachfrage ebbt aber auch nicht ab.

Das hat zumindest Vereinsvorsitzender Jürgen Krause (60) in den vergangenen Monaten deutlich zu spüren bekommen: War die Warteliste bereits vor der Corona-Pandemie lang, ist sie jetzt, durch den Lockdown im März und die Suche nach Alternativen der Freizeit- und Urlaubsgestaltung, noch ein bisschen länger geworden. 27 Interessenten stehen mittlerweile auf der Liste. „In den vergangenen Wochen habe ich nahezu täglich drei bis vier Anrufe von Leuten erhalten, die gerne einen Garten hätten“, berichtet Krause.

Die Antwort auf die Frage, wie lange man hier auf einen freien Garten warten müsse – aktuell sind es mindestens drei Jahre – habe darüber hinaus viele weitere Interessenten abgeschreckt, die sich nicht auf die Warteliste setzen lassen wollten. „Ich selbst bin jetzt seit 26 Jahren Mitglied hier im Kleingarten Neuenkamp, und wir hatten einen Garten nie länger als ein Vierteljahr unbesetzt.“ Sobald eine Parzelle frei wird, ist sie auch schon wieder vergeben.

Grund dafür könnte neben der hohen Nachfrage nach der eigenen grünen Oase im Allgemeinen, im Besonderen auch der außergewöhnliche Charme dieser Kleingartenanlage zwischen Wohngebiet und Waldrand sein: Die Gärten liegen allesamt links und rechts von einem kleinen steilen geteerten Hauptweg in südlicher Hanglage. Der Anblick der gemauerten Lauben innerhalb der umzäunten Parzellen. in denen allerhand bunte Gewächse gedeihen, erinnert an diesem sommerlichen Tag an ein kleines südeuropäisches Bergdorf. Darüber schmunzelt der Vereinsvorsitzende, denn auch er empfindet seinen Garten als Urlaubsort. „Es ist eine tolle Freizeitgestaltung. Ich würde unseren Garten nie abgeben.“

Christine Fahrmeyer (51) hat bislang ihr ganzes Leben auf ihrer Parzelle in der Kleingartenanlage verbracht. „Ich war sogar schon vor meiner Geburt hier, im Bauch meiner Mutter“, erzählt sie lachend. Ihre Eltern pachteten eine Parzelle, die seit 58 Jahren in Familienhand ist. „Für mich persönlich ist die Gartenarbeit Hobby, Freizeit und Ausgleich zum Beruf“, zählt Fahrmeyer auf. Außerdem: „Was man selber anbaut und erntet schmeckt auch wesentlich besser als das Gekaufte aus dem Supermarkt.“

Nicht jedes Jahr wachse alles genauso gut, erzählt Fahrmeyer. Eine besonders gute Ernte hat sie in diesem Jahr bei den Pflaumen eingefahren. „Die sind sehr gut gewachsen, so gut wie seit drei Jahren nicht mehr.“ Ganze zwölf Kilo an Pflaumen sind im Garten von Christine Fahrmeyer zusammengekommen. Damit wurden viele Einmachgläser mit Marmelade gefüllt und der ein oder andere Pflaumenkuchen gebacken.

Bei Wendy Höcht hingegen sei keine einzige Pflaume gewachsen, dafür gab es Kirschen ohne Ende. „20 Kilo, die ich zum Glück nicht selber pflücken musste“, erzählt Höcht. Denn eigentlich, gesteht sie offen, möge sie die Gartenarbeit nicht, erfreue sich aber an der Ernte und vor allem an der schönen Optik, wenn alles hübsch hergerichtet ist und in voller Pracht blüht. Gemüse baue sie keins an, hauptsächlich Obst für besondere Liköre.

 Vorsitzender Jürgen Krause und die Kassiererin Christine Fahrmeyer.

Vorsitzender Jürgen Krause und die Kassiererin Christine Fahrmeyer.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Für Kleingärtner am Neuenkamp ist es selbstverständlich mit einem Bienenstock den Insekten ein Zuhause und ein schönes Umfeld zu bieten.

Für Kleingärtner am Neuenkamp ist es selbstverständlich mit einem Bienenstock den Insekten ein Zuhause und ein schönes Umfeld zu bieten.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Der Klimawandel mit milderen Wintern, trockeneren und heißeren Sommermonaten machten sich in den vergangenen Jahren im Anbau bemerkbar, berichtet Krause. „Tatsächlich bauen einige Mitglieder schon sehr südliche Obstsorten an, haben Zitronen und Apfelsinen.“ Dass Remscheid mal seine eigene bergische Zitrone haben würde, damit hätten Fahrmeyers Eltern als langjährige Pächter damals wohl nie gerechnet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort