Serie Was Wurde Eigentlich Aus...? "Ihr seid entlassen. Geht jetzt bitte."

Remscheid · Für diese Serie haben wir mit ehemaligen Jugendräten Kontakt aufgenommen, um zu erfahren, wohin es die jungen Menschen nach ihrer Amtszeit verschlagen hat. Diesmal berichtet Rafael Emre Nachtwein von seinem Werdegang.

Rafael Emre Nachtwein war von 2004 bis 2006 Mitglied des ersten Remscheider Jugendrates und der erste Vorsitzende des Gremiums. Der damals 16-Jährige kandidierte für ein Pilotprojekt: "Es war ein Testlauf für alle Beteiligten", sagt der heute 29-Jährige. Aktuell arbeitet Nachtwein als Junior-Art-Director in einer Kreativagentur in Frankfurt, ist aber auch viel gereist und hat sich ausprobiert. Politisch aktiv ist er heute nicht mehr, schließt es aber in Zukunft nicht aus.

"Zurzeit beschäftige ich mich mit Film und Animation." Nach seinem Abitur ging der Remscheider für 22 Monate zur Bundeswehr, versuchte sich anschließend zwei Semester lang im Maschinenbau, bis er sich schließlich für sein heutiges Berufsfeld entschied: Er studierte Medien- und Kommunikationsdesign, mit dem Schwerpunkt Game Design in Stuttgart.

"Nach dem Jugendrat ist es kunterbunt mit mir weitergegangen: Ich war Kellner, Soldat, kurz Maschinenbau-Student und danach Game Designer in einem Start-Up, welches ein Spiel zur Unterstützung bei der Physiotherapie entwickelt. Danach war ich Dozent für Motion Design an einer Hochschule und einen Escape Room habe ich inzwischen auch entwickelt und gebaut (ExitGames Stuttgart GmbH)", fasst Nachtwein zusammen.

Einen Teil der Welt hat er auch bereist: "Als Teil der ISAF-Mission war ich für kurze Zeit als Soldat in Usbekistan." Während seines Studiums verbrachte er ein Semester in Bangkok. "Nach Jordanien und Argentinien war ich dieses Jahr wieder in Asien - kurz in China und den Philippinen."

Aus seiner Zeit im Jugendrat sind viele Erinnerungen geblieben. Prägend waren die Erfahrungswerte und die Wertschätzung, die er und seine Gremiumskollegen von der großen Politik erfuhren: "Wir haben beispielsweise die Dirt-Bike-Strecke am Sportplatz Hölterfeld unterstützt oder die Skate-Anlage in Reinshagen. Und ich erinnere mich auch, die Baupläne für die Parkanlagen am Hasenberg gesehen zu haben." Außerdem beteiligte sich der erste Jugendrat am Jugendkulturfestival des Städtedreiecks.

Lebhaft erinnert sich Nachtwein zudem an seine erste Sitzung, im Ratssaal der Stadt, als er zum Vorsitzenden gewählt wurde: "Ich musste mich auf den Platz des Vorsitzenden setzen, wo vorher noch unser OB Fred Schulz gesessen hatte. Meine einzige Aufgabe war es, nur noch die Sitzung zu schließen, ohne in ein Fettnäpfchen zu treten", erzählt Nachtwein. Er schloss mit den Worten "Ihr seid entlassen, geht jetzt bitte.'" Das sorgte für Lacher und Schlagzeilen in den Zeitungen am Tag danach. "Danach konnte nichts mehr schiefgehen", so Nachtwein.

Die Erfahrungen in Remscheids jüngstem Gremium waren für Nachtwein einzigartig: "Der Jugendrat hatte einen großen Einfluss darauf, dass ich gerne Verantwortung übernehme und dabei auch keine Scheu empfinde. Eine hohe Stress-Toleranz und eine optimistisch-realistische Grundhaltung folgte wohl auch daraus. Außerdem, die wichtigste Lehre, die ich wohl auch nirgends anders gelernt hätte: Verlasse dich immer auf deine Ratsmitglieder und Mitstreiter."

Stolz ist der 29-Jährige darauf, gemeinsam mit der Verwaltung ein neues politisches Gremium in der Stadt etabliert zu haben. "Der Jugendrat arbeitet heute noch. Viele großartige Menschen wurden so gefördert, die heute direkt in der Stadtpolitik aktiv sind oder auf indirektere Art einen guten Einfluss auf die Stadt haben."

Ein Zeichen aus dem ersten Jugendrat ist auch heute noch im Stadtbild sichtbar. Ein sehr symbolisches, wie Nachtwein findet: "Wenn man ein Zeichen sehen will, wie ernst es Remscheid mit der Jugendpolitik ist: Ein Basketballkorb am Löwen, ein Wahrzeichen unserer Stadt, zeigt jeden Tag die Unterstützung der großen Politik für dieses Gremium. Es mag auf den ersten Blick kein großes Zeichen sein. Doch unter dem Aspekt, dass einem frisch gewählten Jugendgremium erlaubt wird, einen Basketballkorb direkt in das Blickfeld vom Rathaus zu hängen, ist es wirklich ein sichtbares Signal für den Rückhalt, den wir und auch nachfolgende Jugendräte in der Stadt erfahren haben."

(sebu)
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