IHK-Empfang in Remscheid „Der Wirtschaft jeden Tag die Füße küssen“

Remscheid · Um die 150 Gäste trafen sich beim IHK-Empfang im Schützenhaus. „Katastrophe“ gehörte zu den Worten des Abends.

Fotos: Der IHK-Empfang 2018 in Remscheid
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Der IHK-Empfang 2018 in Remscheid

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Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Im festlich gedeckten Saal des Schützenhauses spielten beim traditionellen Empfang der Bergischen Industrie- und Handelskammer die guten Konjunkturdaten der Remscheider Wirtschaft keine wesentliche Rolle. Das Stimmungsbarometer unterhalb der Schwelle allgemeiner Zufriedenheit sank dennoch zwischenzeitlich auf unangenehm kalte Temperaturen. Allein viermal gebrauchte IHK-Präsident Thomas Meyer in seinen Einschätzungen zur Lage Remscheids, Deutschlands und der Welt das Wort „Katastrophe“.

Der ansonsten stets analytische Optimist und welterfahrene Unternehmer Meyer unterstrich seinen Katastrophenbefund mit kräftigen Armbewegungen nach unten. Es geht bergab, wenn es so weitergeht, lautete seine Botschaft. Der Brexit, eine Katastrophe, die Große Koalition, eine Katastrophe, Rente mit 63, eine Katastrophe, Wirtschaftspolitik in Deutschland, eine Katastrophe. Und Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz schloss sich diesen dystopischen Analysen schweren Herzens an, indem er das katastrophale Erscheinungsbild seiner SPD als „unserem Land nicht würdig“ einstufte. Applaus gab es für diese Statements nicht. Zum Glück gab es feinen Grauburgunder aus der Pfalz, der die Gäste zumindest kurzzeitig vor einen Absturz in die Volldepressionen bewahrte. Remscheid schien in diesen Momenten von einer optimistischen Zukunft so weit entfernt zu sein wie Arminia Bielefeld vom Gewinn der Fußball-Champions League.

Sowohl Meyer wie auch der OB tadelten vorrangig die Bundespolitik für ihre Inkompetenz in Sachen Wirtschaft. „Die Politiker haben nichts dazu gelernt“, sagte Meyer vor den etwa 150 Gästen. Und schob gleich mit Emphase hinterher: „Die Politik muss der Wirtschaft die Füße küssen, und zwar jeden Tag, und die Wirtschaft fragen, was dürfen wir euch Gutes tun.“ Ein ganz leises Raunen der Unternehmerschaft im Saal wollte die Äußerungen des IHK-Chefs etwas abschwächen. Und so formulierte Meyer seine Haltung ohne die Rhetorik des Kniefalls zu einem Allgemeinplatz um: „Wenn es der Wirtschaft nicht gut geht, geht es allen nicht gut.“ Und wann geht es der Wirtschaft gut? Wenn die Steuern gesenkt werden, am besten so ähnlich wie in den USA. Auf einmal geisterte der Rotmilan durch den Raum im Schützenhaus, jene mäusebussardgroße Greifvogelart, die mal auf dem Gelände des geplanten Gewerbegebiets Gleisdreieck genistet haben soll. Verhindert der Rotmilan nun die Entwicklung der neuen Gewerbefläche bei Bergisch Born? OB Mast-Weisz gab sich ganz pragmatisch. Für alle Probleme werden Lösungen gesucht und gefunden, für Verkehr, für Landwirtschaft, für Wirtschaft und auch für den Rotmilan: „Der kann auf den Dächern der neuen Fabrikhallen ein Zuhause finden.“

 Gastwirt Markus Kärst (l.) zusammen mit Wirtschaftsförderer Ingo Lückgen.

Gastwirt Markus Kärst (l.) zusammen mit Wirtschaftsförderer Ingo Lückgen.

Foto: Christian Peiseler
 OB Burkhard Mast-Weisz und Dr. Manfred Diederichs (Dirostahl).

OB Burkhard Mast-Weisz und Dr. Manfred Diederichs (Dirostahl).

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Auch Prof. Dr. Lambert T. Koch (Rektor der Uni Wuppertal) war beim IHK-Empfang, rechts mit IHK-Präsident Thomas Meyer.

Auch Prof. Dr. Lambert T. Koch (Rektor der Uni Wuppertal) war beim IHK-Empfang, rechts mit IHK-Präsident Thomas Meyer.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Ralf Engel (v.l.), Ruth Deus, Klaus Kreutzer, Tetan Klocke und Jessica Herbsthofer.

Ralf Engel (v.l.), Ruth Deus, Klaus Kreutzer, Tetan Klocke und Jessica Herbsthofer.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Gabriele Meyer (Ehefrau von IHK-Präsident Thomas Meyer, v.l.), Beate Wilding und Sabine Rosenpflanzer (Lebensgefährtin vom IHK-Hauptgeschäftsführer Wenge).

Gabriele Meyer (Ehefrau von IHK-Präsident Thomas Meyer, v.l.), Beate Wilding und Sabine Rosenpflanzer (Lebensgefährtin vom IHK-Hauptgeschäftsführer Wenge).

Foto: Moll, Jürgen (jumo)
 Die Beigeordneten Thomas Neuhaus (l.) und Peter Heinze.

Die Beigeordneten Thomas Neuhaus (l.) und Peter Heinze.

Foto: Christian Peiseler

Ohne das Wort Katastrophe zu benutzen, kritisierte Meyer die Versäumnisse in der Infrastrukturpolitik. Gleichwohl hellte sich sein Gesicht auf, als er auf das Thema DOC in Lennep und FOC in Wuppertal zu sprechen kam. Bisher spürte er beim Streit der Nachbarn einen großen „Stachel“ in seinem bergischen Herzen, doch nun sei er zum ersten Mal optimistisch. „Wir haben ein Konzept, und prüfen, ob es realistisch ist“, orakelte Meyer. OB Mast-Weisz musste ihn mahnen, nicht mehr zu verraten. Der OB wollte nicht ausmalen, was für eine Katastrophe es wäre, wenn das DOC im nächsten Jahr weiter blockiert werde. Er gab sich verhalten optimistisch, was das Stimmungsbarometer allerdings nicht wirklich in die Höhe schnellen ließ.

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