Volksbank im Bergischen Land Günther Oettingers traurige Prognosen

Bergisches Land / Kreis Mettmann · Beim Symposium der Volksbank im Bergischen Land sprach der Ministerpräsident a.D. und frühere EU-Kommissar deutliche Worte, die die rund 350 geladenen Mittelständler aus der Region auf der Suche nach Positivem zurückließen.

Günther Oettinger (M. / neben Volksbank-Vorstand Christian Fried) wurde zum Symposium in der Wuppertaler Stadthalle von seiner Lebensgefährtin Friederike Beyer begleitet.

Günther Oettinger (M. / neben Volksbank-Vorstand Christian Fried) wurde zum Symposium in der Wuppertaler Stadthalle von seiner Lebensgefährtin Friederike Beyer begleitet.

Foto: Jürgen Moll

Fast schien es so, als wollte Günther Oettinger nahtlos an den Vortrag seines Vorgängers beim letzten Mittelstands-Symposium der Volksbank im Bergischen Land anknüpfen. Vor drei Jahren hatte der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert zum Nachdenken anregende Antworten gegeben auf die Frage: „Wie steht es um die Demokratie in Deutschland und Europa ?“

Am Mittwochabend referierte nun Günther Oettinger vor rund 350 geladenen Gästen in der Historischen Stadthalle Wuppertal, um in seinem rund 45-minütigen Vortrag zum Thema „Frieden, Werte, wirtschaftliche Stärke – eine Agenda 2030 für Deutschland und Europa“ traurige Wahrheiten und Prognosen zu zeichnen. „Ich habe in meiner gesamten politischen Laufbahn noch nie eine derart geballte Krisen-Lage erlebt“, sagte der Ministerpräsident a. D. von Baden-Württemberg und frühere EU-Kommissar. Die Pandemie, die Inflation, das eklatante Lieferketten-Problem, die Gefahr der Rezession und die Energiekosten reihte Oettinger auf, nachdem er den Krieg in der Ukraine über alle Krisen gestellt hatte. „Vor allem vollzieht sich ein Kampf der Systeme – in einer Welt, die derzeit vom Bösen geprägt ist.“

Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Volksbank im Bergischen Land, bedankte sich für einen emotionalen und aufrüttelnden Vortrag, der ebenfalls eine deutliche Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Thema hatte. „Wir haben keine neutrale EZB mehr, sondern eine politische“, hatte Otto schon in seinem Grußwort erklärt. Noch deutlicher wurde Günther Oettinger, der der EZB Versagen vorwarf: „Der Geldwert-Stabilität wird sie nicht gerecht.“ Jetzt komme zwangsläufig die Lohn-Spirale in Gang.

Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Volksbank, appellierte an die anwesenden Gäste, das Prinzip der Selbstverantwortung zu stärken.

Andreas Otto, Vorstandsvorsitzender der Volksbank, appellierte an die anwesenden Gäste, das Prinzip der Selbstverantwortung zu stärken.

Foto: Jürgen Moll

Nach einem operativ guten Geschäftsjahr 2021 für das bergische Finanzinstitut prognostizierte Andreas Otto für 2022 eine „kleine Ergebnisdelle“. Die zuletzt gestiegenen Zinsen führten zu weniger Abschlüssen. „Zum einen sind Unternehmer zurückhaltender bei Finanzierungen“, erklärte Otto. Zum anderen sei die Zahl der Baufinanzierungen zurückgegangen. „Innerhalb eines Jahres sind die Bauzinsen von einem auf rund vier Prozent angestiegen“ – der höchste Stand seit 2011. Trotz der radikal gestörten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen appellierte der Volksbank-Vorstand an die anwesenden Mittelständler, nicht zu resignieren, sondern der Situation positiv entgegenzutreten – „um auch diese Krise zu überstehen“.

Maßnahmen von ganz oben forderte Günther Oettinger. „Wohlstand funktioniert nicht mit Stillstand.“ Daher sei es in Deutschland zwingend notwendig, auch unpopuläre Maßnahmen in den Bereichen Bildung, Innovation oder Infrastruktur mit einer Agenda 2030 zu ergreifen. Handeln nach dem Notwendigen, laute das Prinzip. „Die Politik muss den Mut haben, etwas gegen die Mehrheitsmeinung zu tun.“ Dazu gehöre auch ein klares Bekenntnis zu einem Industriestandort Deutschland: „Erneuerbare Energie helfen hier nur bedingt – hierfür brauchen wir große Mengen Strom und Gas.“

Viele klare und deutliche Worte, die die Zuhörer an diesem Abend auf der Suche nach Positivem zurückließen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort