Remscheid Gott – ein Hirngespinst?

Remscheid · lennep (bona) Ist Gott nur ein Hirngespinst oder gibt es tatsächlich eine Glaubenswirklichkeit? Dieser Frage widmete sich der evangelische Theologe Professor Dr. Ulrich Eibach am zweiten Abend der Septembergespräche und stieß mit dem schwierigen Thema auf einen erstaunlich großen Zuspruch. Nur wenige Plätze blieben in der Lenneper Klosterkirche leer, als der Referent die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung in Bezug auf Religiosität und Glauben analysierte.

Auch Liebe ist unerklärbar

Heute ist es möglich, die Reaktionen bestimmter Hirnregionen so zu untersuchen und darzustellen, dass Forscher eine Einschätzung zur Entstehung seelisch-geistiger Vorgänge wagen. Versuche, bei denen aufgrund elektrischer Stimulation bei den Probanden spirituelle Erlebnisse hervorgerufen wurden, ließen für manchen Wissenschaftler den Schluss zu, dass Gott ein Produkt des Hirns sei. Die Erkenntnisse seien die Basis für eine neue atheistische Welle, sagte Eibach.

Andererseits gebe es aber durchaus Forscher, die die vorliegenden Untersuchungsergebnisse differenziert interpretieren. Sie stellen das Gehirn als Empfänger transzendenten Erlebens dar, das es tatsächlich gibt. Genauso wenig wie man das Gefühl der Liebe mit biochemischen und neurophysiologischen Methoden vollständig entschlüsseln kann, könne man religiöses Erleben leugnen. "Geistiges Erleben ist angewiesen auf das Gehirn als materielle Basis. Deshalb ist es aber keine vom Gehirn erzeugte Illusion", sagte Eibach, der sich als Mitglied der "Akademie für Ethik in der Medizin" intensiv mit dem Thema befasst hat.

Wer stets den "intellektuellen Filter" vorschalte, werde emotionale und religiöse Erfahrungen nicht haben können, warnte er. "Zum Glauben findet man nur, wenn man die rationale Position aufgibt", betonte der Theologe, der seine Thesen mit Beispielen aus seinen Erfahrungen als Klinikseelsorger untermauerte.

Die beachtliche Resonanz auf den anspruchsvollen Vortrag und der sich anschließende Gesprächsbedarf zeigte, dass es im Jahrtausend der Naturwissenschaften ein großes Interesse am Thema gibt. Es wurde aber auch deutlich, dass die Inhalte zu komplex sind, als dass sie an einem einzigen Abend erschöpfend abzubilden waren.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort