Umfrage in der Innenstadt Wie steht Remscheid zur WM in Katar?

Remscheid · Am Mittwoch startet die deutsche Nationalmannschaft in die Vorrunde der Fußball-WM. Aber interessiert das überhaupt noch jemanden in der Stadt?

Das waren noch Zeiten – Friede, Freude, Leichtigkeit und Mickie Krause: 2018 beim Public Viewing auf dem Rathausplatz.

Das waren noch Zeiten – Friede, Freude, Leichtigkeit und Mickie Krause: 2018 beim Public Viewing auf dem Rathausplatz.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Eins ist sicher: Bei den vorhergegangenen Fußball-Weltmeisterschaften wären die Straßen am Mittwoch um 14 Uhr wie ausgestorben gewesen – die (gefühlt) ganze Nation hätte vor dem Fernseher oder beim Public Viewing das erste Spiel der deutschen Mannschaft verfolgt. Und selbst Nicht-Fußballfans wären an der WM nicht vorbeigekommen – Autos und Fenster wären mit Deutschlandfähnchen geschmückt und die Hälfte der Belegschaft in den Büros hätte Sonderurlaub genommen. Und diesmal? Ist alles anders.

„Bis Montag hätte ich ja vielleicht noch die Deutschlandspiele geguckt, aber das, was sich die FIFA jetzt erlaubt hat, ist sowas von unglaublich und ich schäme mich für unsere Jungs, dass sie nicht den Mumm haben, ihre „One Love“-Armbinden weiter zu tragen, unfassbar. Ich werde den Teufel tun, mir die anzuschauen“, brüskiert sich eine Leichlingerin, die mit ihrem Mann und einem befreundeten Ehepaar über den Remscheider Weihnachtstreff schlendert.

 Oliver Hack steht hinter der deutschen Mannschaft.

Oliver Hack steht hinter der deutschen Mannschaft.

Foto: Daniele Funke

Ein Budenbesitzer sieht das ganz anders. „Klar gucke ich, was soll das ganze Theater? Das sind doch zwei paar Schuhe. Ich finde auch nicht gut, was da passiert, aber davon lasse ich mir die Fußballfreude nicht nehmen. Ich glaube sogar, dass viele sagen, sie gucken nicht, es dann aber heimlich tun.“

 Ehepaar Mattis aus Wuppertal ist von den Iranern beeindruckt.

Ehepaar Mattis aus Wuppertal ist von den Iranern beeindruckt.

Foto: Daniele Funke

Gabriele und Werner Mattis aus Wuppertal-Cronenberg sind sich einig. „Es macht uns traurig, was dort passiert, aber die haben nun mal Angst, dass ihnen Punkte abgezogen werden, wenn sie die Armbinden weiter tragen und dann nicht gewinnen. Es geht doch immer nur um Geld wie überall. Aber wir werden die WM schauen, wir mögen gute Spiele, egal von welcher Mannschaft.“ Eins ist ihnen noch ganz wichtig. „Es ist ganz große Klasse, was die iranische Mannschaft getan hat. Sie riskiert Haft- oder sogar Todesstrafen dafür, dass sie die Nationalhymne nicht mitgesungen hat. Das ist absolut beeindruckend.“

 Jessica Skudza lässt ihren neunjährigen Sohn gucken.

Jessica Skudza lässt ihren neunjährigen Sohn gucken.

Foto: Daniele Funke

Jessica Skudza arbeitet in der Fußballkneipe Shiraz am Rathaus. „Natürlich zeigen wir hier die Spiele, wobei bislang noch nicht wirklich was los war bei den Spielen, die bis jetzt übertragen wurden, aber vielleicht ja jetzt, wenn die Deutschen spielen.“ Sie selbst aber boykottiert die WM, wenn sie zu Hause ist. „Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren“, betont sie, fügt an: „Mein Sohn ist neun und spielt selbst Fußball und natürlich darf er die Spiele schauen. Er kann die komplexen Zusammenhänge noch nicht verstehen und ich würde ihn damit niemals belasten wollen. Ich möchte, dass er einfach nur Freude hat. Die Kinder sind doch eh genug gestraft in den letzten beiden Jahren.“

Rolf Picard entscheidet nach Lust und Laune, ob er die WM-Spiele schaut.

Rolf Picard entscheidet nach Lust und Laune, ob er die WM-Spiele schaut.

Foto: Daniele Funke

Auch Rolf Picard hat früher mal selbst im Verein Fußball gespielt – in Remscheid. Ob er die WM schaut? „Ach je“, seufzt er und winkt ab, „früher habe ich immer geguckt, aber heute entscheide ich das von Tag zu Tag, ich gucke, wenn ich gerade Lust dazu habe und wenn nicht, dann lasse ich es.“

Oliver Hack freut sich sehr auf die Spiele, allerdings mit einem bitteren Beigeschmack. „Die Freude ist nicht so wie sonst, das ist schade. Aber ich bin Fußballfan und ich stehe hinter der deutschen Mannschaft und wünsche mir natürlich auch, dass sie das Turnier gewinnt. Ob das realistisch ist, weiß ich nicht, da ist ja auch immer Glück dabei. Aber ich drücke den Spielern fest die Daumen.“

Frank Schneider arbeitet in der Erlebbar an der Hindenburgstraße. Auch hier wird die Übertragung der Spiele zu den regulären Öffnungszeiten angeboten. „Früher habe ich immer geguckt, aber diesmal ist mir der Spaß echt vergangen.“

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