Alarmrede des Remscheider Oberbürgermeisters im Hauptausschuss Für Nachhaltigkeitsziele fehlt das Geld

Remscheid · Zwei Jahre lang arbeitete die Verwaltung mit vielen Akteuren der Stadtgesellschaft an einem Konzept unter anderem zum Schutz der Ressourcen. Nach einer Alarmrede des OB wurde ein Beschluss zur Umsetzung erneut verschoben.

 Nach dem Hochwasser durch den Starkregen im Sommer 2021 musste das THW die Brücke am Prangerkotten abstützen.

Nach dem Hochwasser durch den Starkregen im Sommer 2021 musste das THW die Brücke am Prangerkotten abstützen.

Foto: Jürgen Moll

Wird die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt abgespeckt oder gar komplett in der Schublade verschwinden? Ein längerer Wortbeitrag von Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Donnerstagabend sorgte bei der Politik und den Koordinatoren der Strategie im Rathaus für betretene Gesichter.

Auf die Frage von CDU-Fraktionschef Markus Kötter, ob sich die Stadt die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie überhaupt leisten könne, begann der OB mit einer Aufzählung der Problemfelder für die Finanzplanung. An vielen Stellen sei der Stadt „das Hemd zu kurz geworden“. So habe zunächst die Corona-Pandemie zu Verlusten im Haushalt geführt. Diese dürfe die Stadt zwar mit Erlaubnis des Landes zunächst in einem Parallelhaushalt isolieren. In wenigen Jahren aber müsse diese Schuld sukzessive abgetragen werden.

Hinzu komme nun der Ukraine-Krieg, dessen Auswirkungen nicht nur die Verwaltung vor große Herausforderungen stelle. „Wir müssen davon ausgehen, dass es auch Remscheider Unternehmen treffen wird“, sagte der OB mit Bezug auf die Verwerfungen bei der Energieversorgung. Die steigenden Energiekosten seien vor allem für die metallverarbeitende Industrie vor Ort ein Problem. Als „Schreckgespenst“ bezeichnete der OB auch den zu erwartenden Anstieg der Kreditzinsen. Für Remscheid mit seinen aktuell 580 Millionen Euro an Kassenkrediten, bedeute eine Steigerung von nur 0,1 Prozent eine jährliche Mehr-Belastung des Haushalts von 580.000 Euro. Der OB bekräftigte, dass man die Strategie umsetzen wolle. Sie habe „eine massive Bedeutung für die Stadtentwicklung“.

Der Ausschuss einigte sich nach dem mahnenden Vortrag des OB darauf, die Abstimmung über die Strategie und die Ergänzungsanträge der Fraktionen ein weiteres Mal zu verschieben. In der kommenden Woche will sich Mast-Weisz nach einer Klausurtagung der Verwaltungsspitze mit einem Vorschlag an die Ratsfraktionen wenden, um zu klären, wie es weitergeht.

Fast zwei Jahre Arbeit stecken in der Strategie, an der auch die städtischen „Töchter“ TBR, Stadtwerke und Sparkasse mitarbeiteten. Vertreten waren zudem Vertreter aus dem Handwerk, die Kirchen, Parteien und Gewerkschaften sowie Vertreter heimischer Firmen wie Steinhaus, Gedore oder Vaillant. Auch der Wupperverband ist mit im Boot.

Teils in kleinen Arbeitsgruppen, dann in großer Runde wurden zunächst strategische und operative Ziele definiert, bevor diesen in fünf Themenfeldern konkrete Maßnahmen zugeordnet wurden. Den größten Block bildet dabei das Themenfeld „Ressourcenschutz & Klimaanpassung“. Insgesamt umfasst das Konzept 123 Maßnahmen. Zu ihrer Umsetzung wäre die Einrichtung zahlreicher neuer Stellen in der Stadtverwaltung nötig. Hier hakt es offenbar gewaltig.

Ein paar Beispiele aus der Strategie: Bis 2025 soll für alle öffentlichen Gebäude ein CO2-Fußabdruck ermittelt werden, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewag soll dieses Ziel in diesem Jahr erreichen. Bis 2030 will die Stadt ihre „Blaue Infrastruktur“ durch ein effizientes Wassermanagementsystem so ausgebaut haben, dass Starkregen-Ereignisse „ohne gravierende Folgen bleiben“.

Anfang des Jahres hatte Barbara Reul-Nocke als zuständige Dezernentin im Gespräch mit unserer Redaktion von einer hohen Motivation und vielen Ideen in den Arbeitsgruppen berichtet. Ihr Wunsch im Januar: „Für mich ist es wichtig, dass der Schwung auch bleibt und die Maßnahmen umgesetzt werden.“ Dahinter steht seit dieser Woche ein Fragezeichen.

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