Wuppertal Uni-Team erforscht Schnitzler-Werk

Wuppertal · Erste Ergebnisse des Schriftsteller-Projekts sollen jetzt online erscheinen.

 "Eyes Wide Shut" war Stanley Kubricks letzter Film, das Szenenfoto (1998) zeigt Nicole Kidman und Tom Cruise in einer Liebesszene.

"Eyes Wide Shut" war Stanley Kubricks letzter Film, das Szenenfoto (1998) zeigt Nicole Kidman und Tom Cruise in einer Liebesszene.

Foto: dpa

Ein Arzt streift in einer erotischen Odyssee durch die Nacht. Seine Frau hatte ihm gestanden, einen anderen Mann begehrt zu haben. Schließlich landet er auf der Orgienfeier eines Geheimbundes, auf dem alle Gäste maskiert sind. Arthur Schnitzlers Erzählung "Traumnovelle" ist einem Millionenpublikum durch Stanley Kubricks Film "Eyes Wide Shut" bekanntgeworden.

Doch wie hat der Schriftsteller seine Figuren und die Geschichte entwickelt? Mit dieser Frage beschäftigt sich das Team um die beiden Literaturwissenschaftler Michael Scheffel und Wolfgang Lukas.

"Wir wollen nachvollziehbar machen, wie Schnitzler aus einer ersten Idee Figuren, Art der Handlung und Konstellationen entwickelt hat", sagt Professor Wolfgang Lukas. Dazu muss der Nachlass des Österreichers gesichtet und erfasst werden. Schnitzler entwarf häufig mehrere Varianten eines Werks.

Ziel der Wuppertaler Forscher ist es, einen authentischen Text zu erhalten. Die kritische Ausgabe soll in digitaler Form erscheinen, um den Nachlass, der im Deutschen Literaturarchiv Marbach und der Bibliothek der Universität Cambridge liegt, virtuell zusammenführen.

"Dann kann man im Internet wie mit einer Lupe über den Text fahren und sehen, wie ein Satz entstanden ist", sagt Professor Michael Scheffel. Der qualitative Mehrwert der Online-Version: Der Leser kann - anders als bei einem Buch, in dem man vor und zurückblättert - unmittelbar einzelne Fassungen vergleichen. Die einzelnen Fäden werden zusammengeführt. In der zweiten Jahreshälfte werden die beiden Werke "Fräulein Else" und "Professor Bernhardi"online gehen.

"Wir sind ein bisschen in Zeitverzug", sagt Scheffel. Die Wissenschaftler müssen ein logisches Modell der Textentstehung entwickeln und dann überlegen, wie sie dieses Modell präsentieren.

Das Forschungsprojekt ist bis 2030 angelegt. Jedes Jahr stehen den Wuppertaler Forschern 300 000 Euro zur Verfügung. Nach und nach sollen weitere Werke des Schriftstellers in einer digitalen historisch-kritischen Edition erscheinen.

(RP)
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