Remscheid Flower-Power mit Gummigitarre

Remscheid · Bei der "70er Jahre Party" in der Tanzschule Wieber schwelgten die Tänzer in Erinnerungen an die Zeit der Mini-Röcke.

 Musikalische Zeitreise zurück in die 70er Jahre in der Tanzschule Wieber: Einzelne Gäste hatten sich zu diesem Motto auch die passende Kleidung angezogen.

Musikalische Zeitreise zurück in die 70er Jahre in der Tanzschule Wieber: Einzelne Gäste hatten sich zu diesem Motto auch die passende Kleidung angezogen.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

"Popcorn" - diese Synthi-Schmonzette aus dem Anfang der 70er von "Hot Butter" - mögen Fans klarer Rockmusik eher nicht. Aber viele Besucher stört es nicht - sie lächeln. Genau das haben sie erwartet zur "70er Party 2.0 in der Tanzschule Wieber". Am Plattenteller - ja, genau dem monströs-antiken Abspielgerät für Singles und Langspielplatten aus Vinyl - steht DJ ("Plattenaufleger") Harro Schmidt. Er zeigt auf Kartons und Kisten hinter sich: "Da ist mehr drin als ich heute Abend auflegen kann", sagt er. Und der Abend kann lang werden. Die Party könne bis zwei Uhr morgens gehen, erwartet der DJ.

Derweil lugt eine abgegriffene "Abba"-Langspielplatte verschämt aus einer Kiste hervor. Aber das ist natürlich noch lange nicht alles: Schmidt zur Seite steht Dirk Riemer und bedient einen Laptop, vollgestopft mit Musik der 70er-Jahre. Hat er auch Led Zeppelin? "Natürlich", sagt er. Aber das komme erst später. Er zeigt auf eine aufblasbare Gummi-Gitarre: "Wenn es ganz heiß werden soll." Das kann ja heiter werden, die Stimmung bewegt sich jetzt - gegen 21 Uhr - bereits auf hohem 70er-Niveau.

Die Musik scheint eine nicht so dominierende Rolle zu spielen. Ganz oben stehen die Erinnerungen. Wie bei Kalli aus Hückeswagen, im wahren Leben der wichtigen Nebensachen bekennender Rolling Stones-Fan und Harley-Reiter. "Ich war von 1970 bis ungefähr 1974 jede Woche bei Wieber", erzählt der gebürtige Remscheider so nebenbei auf der Tanzfläche. Samstags gab's Tanz-Tee, und sonntags war Beat-Abend. Und immerhin seien die Kacheln an den Wänden in der Garderobe noch dieselben. Man nannte die Tanzschule damals "Fummel-Bunker". "Das war berechtigt", sagt er. Dort habe er seine ersten Knutsch-Erlebnisse gehabt. Nicht mehr? Dazu schweigt des Tänzers Höflichkeit.

Dann ertönt "Kung-Fu Fighting" (Carl Douglas), und jetzt kommt richtig Bewegung in die tanzende Menge: Gezappel überall. Einige Tänzer sind sogar stilecht gekleidet: Er mit Rastalocken und Hippie-Hose, Sie im Flower-Power Minikleidchen. Auch ein Paar Glitzer-Gold-Disco-Schuhe mit hohen Absätzen à la Travolta werden gesichtet. Sie passen zum Geflimmer an der Saaldecke wie die kesse Sohle, die die Tanzwütigen aufs Parkett legen. Darunter besonders biegsam auch Brigitte aus Remscheid. Die sympathische Lehrerin für Seniorentanz ist mit einer Gruppe vertreten, die sich hier ohne Anleitung zwanglos austoben kann. Denn was und wie jemand tanzt, ist eigentlich egal. Die Atmosphäre ist das, was zählt. Genau wie damals. Zunächst ist die Tanzfläche leer und Gedrängel drum herum. Dann allmählich entsteht immer mehr Tanz-Gewimmel und schließlich nur noch Gedränge. Nebenbei und immer noch gibt's verführerische Blicke, und zarte Worte werden direkt ins Ohr geflüstert. Hautkontakt ist garantiert. Darauf können alle zusammen mit Amii Stewart auf Holz klopfen - "Knock on Wood".

(RP)
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