Sebastian Huss von der Feuerwehr Remscheid „Üben Sie mit Ihren Kindern den Notfall“

Remscheid · Brandamtsrat Sebastian Huss von der Remscheider Feuerwehr gibt Tipps zur Selbsthilfe in möglichen Krisensituationen. Die Sicherheit von Menschen hat immer Vorrang.

 Sebastian Huss ist Brandamtsrat bei der Remscheider Feuerwehr.

Sebastian Huss ist Brandamtsrat bei der Remscheider Feuerwehr.

Foto: Jürgen Moll

Selbsthilfe im Notfall – ein Thema, das sicherlich durch die Flutkatastrophe präsenter ist denn je. Denn selbst wenn professionelle Hilfe in den allermeisten Fällen schnell vor Ort ist, gibt es immer Ausnahmen. Etwa dann, wenn wie im Juli vergangenen Jahres eine Katastrophe dazu führt, dass die Kapazitäten der Einsatzkräfte erschöpft sind und nicht alle Einsätze zeitgleich bearbeitet werden können.

Was kann ich als Bürger tun, um mich bestmöglich auf eine solche Situation vorzubereiten?

Sebastian Huß Sie können sich informieren, ob Sie in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohnen. Zum Beispiel auf dem Geodatenportal der Stadt Remscheid. Eigene Kanaleinläufe auf dem Grundstück etwa in Kellerbereichen sollten frei von Laub gehalten werden. Je nach topografischer Lage kann es sinnvoll sein, sich einen angemessenen Vorrat an Sandsäcken anzuschaffen.

Wie verhalte ich mich richtig, wenn im Haus ein Feuer ausbricht?

Huß Die Sicherheit von Menschen hat immer Vorrang. Wenn Sie Löschversuche unternehmen, dann nur solche, die Sie nicht zusätzlich gefährden. Achten Sie darauf, dass Sie den elektrischen Strom im Gefahrenbereich ausschalten. Brennendes Fett und andere flüssige Brennstoffe nie mit Wasser löschen. Pfannen runter vom Herd, Herd ausstellen, Deckel drauf zur Branderstickung. Und: Löschen Sie immer von unten nach oben und von der Seite zur Mitte hin. Zudem gilt: Betreten Sie keine verqualmten Räume! Sind Sie schon drin, runter auf den Boden und durchrobben, von außen die Tür schließen – aber nicht abschließen. Schließen Sie Brandschutztüren niemals ab und nutzen Sie keine Fahrstühle.

Kann man sich überhaupt auf jegliche Katastrophensituationen vorbereiten? Etwa auf einen Hausbrand, bei dem ich sehr schnell den Wohnraum verlassen muss?

Huss Sollten Sie aufgrund eines Brandes oder einer Evakuierung Ihr Zuhause schnell verlassen müssen, sollten Sie die wichtigsten Dokumente und Ihr Notfallgepäck greifbar haben. Wir raten Ihnen, eine Dokumentenmappe anzulegen, in der sich unter anderem Familienurkunden wie Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunden und alle weiteren wichtigen Unterlagen befinden, vom Testament bis zum Impfpass, vom Mietvertrag bis zu Zeugnissen, Sparbücher, Kontoverträge. Zudem ist es ratsam, wenn jedes Familienmitglied ein Notgepäck gepackt hat. Dort gehören Erste-Hilfe-Material, persönliche Medikamente, ein batteriebetriebenes Radio samt Ersatzbatterien, eine Taschenlampe, gefüllte Wasserflaschen, ein Schlafsack, Kleidung und Hygieneartikel sowie nicht verderbliche Verpflegung für ein bis zwei Tage hinein. Und natürlich auch eine geladene Powerbank für das Handy.

Macht es Sinn, Katastrophensituationen für den Notfall zu üben – ähnlich wie es die Einsatzkräfte oder auch Schulen regelmäßig tun? Etwa die Evakuierung der Schwiegermutter im Rollstuhl? Kann ich auch trainieren, in Paniksituationen gelassener zu reagieren?

Huss Auf jeden Fall! Überlegen Sie sich, wie Sie am schnellsten und am sichersten Ihre Wohnung in einem Notfall verlassen können. Bedenken Sie, wenn Sie zum Beispiel Fenster als Fluchtwege vorgesehen haben: Es kann auch der Strom ausfallen und unter Umständen sind elektrische Jalousien nicht mehr öffenbar. Jede Übung bringt ein wenig mehr Routine in Abläufe und so ist das auch bei Notfallübungen. Und wer Routine hat, dem sind Abläufe vertraut und in ungewohnten oder sogar Notsituationen kann man somit auch Panik vermeiden.

Wie weit muss die vorsorgliche Selbsthilfe gehen? Sollte ich tatsächlich Gasmasken zu Hause haben? Lebensmittel bunkern für vier Wochen im Voraus?

Huss Naturkatastrophen oder auch ein Stromausfall können die Gründe dafür sein, dass die Bevölkerung nicht mehr ausreichend und auf den üblichen Wegen versorgt werden kann. Aus diesem Grund raten wir dazu, einen Vorrat an Lebensmitteln und Getränke für zehn Tage anzulegen. Jeder Person im Haushalt sollten etwa 2200 kcal und mindestens zwei Liter an Getränken pro Tag zur Verfügung stehen. In diesem Vorschlag sind 0,5 Liter für die Lebensmittelzubereitung und die Körperhygiene enthalten. Grundsätzlich gilt: Auch nur ein bisschen Vorrat, zum Beispiel für drei Tage, ist besser als kein Vorrat.

Welche Verhaltensmaßnahmen sind die wichtigsten, die ich meinen Kindern unbedingt vermitteln sollte – sofern sie in einem Alter sind, in dem sie auch schon allein bleiben können?

Huss Türen von Zimmern schließen, um Brand- und Rauchausbreitung zu vermeiden. Kinder suchen sich Verstecke in aufregenden Situationen, das ist ein instinktives Verhalten. Sie können von der Feuerwehr dann schwieriger gefunden werden. Deshalb gilt: nicht verstecken, wenn ein Brand ausbricht. Notrufnummer 112 merken. Gemeinsam vorab durchgehen, wie das Kind sich in Sicherheit bringen kann. Wie es vorgehen soll. Und das ganze üben, üben, üben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort