Fair-Trade-Referentin am Remscheider EMA-Gymnasium Afrikanische Delegation sagt aus Sorge vor Coronavirus ab

Remscheid · Eigentlich sollte eine kenianische Arbeiterin an der EMA über die Bedingungen auf einer Fair-Trade-Rosenfarm referieren.

 Celina Lüke, Nisa Malkoc, Malte Kläser und Iman Boumlal (v. l.) von der Schülergenossenschaft mit Referentin Daniela Wawrzyniak.

Celina Lüke, Nisa Malkoc, Malte Kläser und Iman Boumlal (v. l.) von der Schülergenossenschaft mit Referentin Daniela Wawrzyniak.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Normalerweise kauft Leon Malucha aus der 8 b am Schulkiosk des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums am liebsten Durstlöscher. Nach dem Vortrag einer Fair-Trade-Referentin in der Aula des Gymnasiums will er umdenken: „In Zukunft werde ich in unserem Tante-EMA-Laden auch Fair-Trade-Produkte kaufen.“ Denn der Vortrag habe ihm „viele neue Informationen über die Arbeitsbedingungen von Frauen in Afrika geliefert“. Dass die Unterschiede zwischen Fair-Trade-Betrieben und herkömmlichen Produktionsstätten so groß seien, „war mir in dem Ausmaß zuvor nicht bewusst“.

Eine Antwort, mit der Celina Lüke zufrieden sein dürfte: Die engagierte Oberstufenschülerin der EMA war Teil eines weiblichen Teams der Schülergenossenschaft, das ursprünglich mit der Einladung einer afrikanischen Fair-Trade-Botschafterin „EMA-Schülern den Gedanken des fairen Handels anschaulich näherbringen wollte“. Doch Agnes Chebii, die auf der kenianischen Rosenfarm „Karen Roses“ tätig und dort auch Vorsitzende des Gender-Komitees ist, habe kurzfristig abgesagt: „Die kenianischen Behörden hatten wegen der vielen Corona-Infizierten in NRW Sorge, dass die Delegation das Virus mit ins Land bringen könnte.“ Also habe man stattdessen das Angebot von Fair Trade Deutschland wahrgenommen, „eine eigene Mitarbeiterin zu entsenden, die über die Arbeitsbedingungen in der Fair-Trade-Blumenproduktion sprechen würde“.

Der Vortrag stand in Zusammenhang mit einer Rosen-Aktion, die Fair Trade Deutschland vom 14. Februar bis zum 22. März aus diversen Anlässen wie dem Valentinstag oder dem Weltfrauentag an verschiedenen Orten durchführte. Der offizielle Name sei „Flower power – Frauen Stärken!“, und natürlich gehe es auch darum, „vor allem auf die oft katastrophalen Arbeitsbedingungen von Frauen in afrikanischen Produktionsstätten ohne Fairtrade-Zertifizierung hinzuweisen“. Das sei der Referentin Daniela Wawrzyniak bestens gelungen, auch wenn sie eigenen Angaben nach bisher mehr mit der Fairtrade-Produktion im indischen Textilgewerbe zu tun hatte.

Dort gebe es viele Parallelen zur Blumenproduktion: „Auch hier sind in fast allen Betrieben, die sich eben nicht an den Fairtrade-Gedanken gebunden fühlen, katastrophale Arbeitsbedingungen, extem niedrige Löhne, sexuelle Gewalt gegenüber Frauen und ein mangelnder Arbeits- und Gesundheitsschutz anzutreffen.“ Für sie sei diese Beobachtung der Anlass gewesen, gemeinsam mit einer Partnerin ein eigenes Modelabel für Fairtrade-Kleidung zu gründen und auf Veranstaltungen wie der Rosen-Aktion für mehr kontrollierten Handel zu werben. Es freue sie sehr, dabei auf ein derart großes Interesse wie an der EMA zu stoßen.

In der Tat war der Saal mit Schülern aus verschiedenen Jahrgängen und Sozialwissenschaftskursen voll besetzt. Darüber hinaus zeigte sich an den nachdenklichen Gesichtern, dass es sich durchaus lohnen kann, Menschen schon im jugendlichen Alter für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren. Die Grundlage hierfür hatten die Sozialwissenschaftslehrer Malte Kläser und Dennis Voß bereits in ihrem Unterricht gelegt: „Wir sind immer bemüht, unseren Schülern zu erklären, warum der Wandel von einer sozialen Marktwirtschaft zu einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft wichtig ist“, sagte Voß nach dem Vortrag. Ähnlich äußerte sich sein Kollege Kläser. Zudem zeigte er sich offen, die Schüler der nachhaltigen Genossenschaft bei ihrem Ziel zu unterstützen, eine zertifizierte Fairtrade-School zu werden.

Wichtiger als die Zertifizierung sei ihm jedoch das Kaufverhalten der Schüler. Denn der faire Handel, der sich laut Wawrzyniak im Aufwind befindet, lebe davon, „dass die Menschen nicht nur über faire Produkte reden, sondern bewusste Kaufentscheidungen treffen.“

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