Remscheid Essbar? Die Nase entscheidet mit

Remscheid · Zurzeit läuft eine lebhafte Diskussion zur Sinnhaftigkeit des Mindesthaltbarkeitsdatums. Beobachter vermuten, dass viele Lebensmittel weggeworfen werden, weil ein überschrittenes Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) fälschlicherweise suggeriert, dass sie verdorben sind. Dazu äußert sich auf BM-Anfrage Anja Steinhaus-Nafe, geschäftsführende Gesellschafterin des Lenneper Feinkostherstellers Steinhaus.

 Tortellini aus der Steinhaus-Produktion. Auch sie tragen ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Oft ist die Ware aber auch nach Ablauf der Frist noch genießbar.

Tortellini aus der Steinhaus-Produktion. Auch sie tragen ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Oft ist die Ware aber auch nach Ablauf der Frist noch genießbar.

Foto: Nico Hertgen

Frau Steinhaus-Nafe, glauben Sie, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum für das Problem der Lebensmittel-Verschwendung tatsächlich ein Mitverursacher ist?

 Anja Steinhaus-Nafe, Mitinhaberin Firma Steinhaus.

Anja Steinhaus-Nafe, Mitinhaberin Firma Steinhaus.

Foto: Hertgen (Archiv)

Steinhaus-Nafe Lebensmittel haben nicht ohne Grund ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Innerhalb dieses Datums ist garantiert, dass das Produkt die ihm zugesicherten Eigenschaften in Bezug auf Optik, Sensorik, Konsistenz, Mikrobiologie und Geruch behält.

Nach welchen Kriterien wird das Datum festgelegt?

Steinhaus-Nafe Das MHD wird nicht willkürlich definiert. Bei einem überschrittenen MHD kann und wird es zu Qualitätsbeeinträchtigungen kommen. Inwieweit die Qualitätsabweichungen zu Buche schlagen, kann viele Einflussfaktoren haben. Zum Beispiel ist bei kühlpflichtigen Produkten wichtig, bei welcher Temperatur das Produkt im Kühlschrank des Verbrauchers gelagert wird. Manche Kühlschränke sind auf acht Grad Celsius eingestellt, manche auf sechs Grad. Hieraus ergeben sich schon Unterschiede. Auch wie lange die Kühlkette unterbrochen war, vom Einkauf bis hin zum heimischen Kühlschrank, ist entscheidend. Bei vielen Lebensmitteln ist es zu dem ratsam, diese dunkel zu lagern, und vieles mehr.

Haben Sie Tipps für die Verbraucher? Wie muss ein Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums beschaffen sein, um noch genießbar zu sein?

Steinhaus-Nafe Sinnvoll ist es immer wieder, den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Wenn die Milch nach Überschreiten des MHDs noch einwandfrei schmeckt und riecht, muss man sie doch nicht in den Abfluss schütten. Ein Umdenken im täglichen Einkaufsverhalten kann ebenfalls helfen, Verschwendung zu vermeiden.

Inwieweit kann und muss der Lebensmittelhersteller für sein Produkt garantieren?

Steinhaus-Nafe Der Begriff "Mindesthaltbarkeitsdatum" drückt doch schon aus, dass das Produkt mindestens bis zum angegebenen Datum haltbar ist. Es kann somit auch darüber hinaus noch genießbar sein. Das kann man aber eben nicht garantieren. Wie sollte ein Hersteller von Produkten dies auch garantieren? Weder Handel noch Industrie sind daran interessiert, Lebensmittel wegzuwerfen. Dies eben nicht nur aus ethischen Gründen, sondern natürlich auch aus ganz einfachen wirtschaftlichen Gründen. Allein aus ökonomischen Gründen sind alle Beteiligten der Wertschöpfungskette daran interessiert, Lebensmittel nicht zu vernichten. Wer stellt schon gerne etwas her, was er nach Fertigstellung wegwirft?

Zurzeit wird diskutiert, den Begriff "Mindesthaltbarkeitsdatum" nach englischem Vorbild durch ein "best before" oder Ähnliches zu ersetzen. Was halten Sie davon?

Steinhaus-Nafe Wenn eine Diskussion um den Begriff "MHD" notwendig ist, um noch einmal klar herauszustellen, was dieser eigentlich bedeutet, sollte diese geführt werden. Dem Kind aber einen neuen Namen zu geben, halte ich für absolut sinnlos.

Alexandra Kemp stellte die Fragen.

(RP)
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