Remscheid Ein Hörfunk-Konzert für Liebhaber

Remscheid · Die Bergischen Symphoniker spielten die selten zu hörende Oper "Béatrice und Bénédict" von Hector Berlioz in einer konzertanten Aufführung. Generalmusikdirektor Peter Kuhn gab einen gut gelaunten Conférencier.

 Schlussapplaus für Sänger, Sängerinnen und die Bergischen Symphoniker nach der konzertanten Aufführung von Berlioz' Oper "Béatrice und Bénédict".

Schlussapplaus für Sänger, Sängerinnen und die Bergischen Symphoniker nach der konzertanten Aufführung von Berlioz' Oper "Béatrice und Bénédict".

Foto: C. Peiseler

Der städtische Chor singt blamabel, die Orchestermusiker spielen erbärmlich, und Generalmusikdirektor Peter Kuhn dilettiert am Pult. "Aufhören, aufhören." Das Orchester verstummt. Ein selbstgefälliger Mann im Anzug drückt sich durch die Reihen der Musiker und legt der Oboe eine Partitur vor. "Spielen Sie das mal", sagt er mit einer herablassenden Handbewegung. Oboist Christian Leschowski bläst schüchtern ein paar Töne, bis er ein fein ziseliertes Solo intoniert, gegen das auch der Philister nichts einzuwenden hat. Die Symphoniker dürfen nun weiter die Oper "Béatrice und Bénédict" von Hector Berlioz spielen. Eine komische Oper, bei der alles weihevolle Erstarren fehl am Platze ist. Berlioz hat diese Nummer selber eingebaut, um die strenge Zunft der Kritiker und Maestros mit ihrer Eitelkeit durch den Kakao zu ziehen.

Generalmusikdirektor Peter Kuhn trat bei diesem Philharmonischen Konzert in einer Doppelrolle auf. Zum einen als Dirigent, zum anderen als Conférencier. Eloquent und geistreich führte er durch die konzertante Aufführung, indem er das Publikum (diesmal waren mehr Plätze frei als besetzt im Teo Otto Theater) ins Bild setzte, an welcher Stelle sich gerade die Handlung der Oper befand und welche muskalischen Einfälle Berlioz zur Instrumentierung nutzte.

Zwischenzeitlich kam man sich vor wie bei einem Hörfunk-Konzert, bei dem der Zuhörer mit viel pädagogischem Elan durch die Musikwelt von Berlioz geführt wird. Beim Remscheider Publikum fand dieses Format großen Anklang. Zumal die sechs Solisten in ihrer Interpretation des komischen Personals sehr zu gefallen wussten. Berlioz nahm Shakespeares Komödie "Viel Lärmen um nichts" als Grundlage für seine außerordentlich raffiniert und feinsinnig komponierte Oper. Kurz gesagt: Es geht ums Heiraten. Auf verschiedenen Ebenen. Mal in romantischem Ornat, mal auf volkstümliche Art. Zum Schluss sind beide Paare verheiratet, ob sie wollten oder nicht, spielt keine Rolle. Dieses selten aufgeführte Werk entpuppte sich als eine kleine Schatzkiste von wunderbaren Arien und Duetten. Perlen der Romantik, könnte man sagen. Diese sind aber nicht in Süßstoff getränkt, sondern wirken wie ein spritziger Cocktail, in den ein paar Tropfen Melancholie eingerührt wurden.

Zu den Höhepunkten zählte das Duett zwischen Hero und ihrer Freundin Ursula. Zwei Nachtschwärmerinnen und Liebestrunkene, die beim abendlichen Spaziergang in der Natur die Widerspiegelung ihrer romantischen Gefühlswelten entdecken. Ihre Stimmen folgen der Spur des Lichts.

Das Orchester adelt mit einem samtweichen Klang die Herzensergießungen, der Emotionen unter eine Lupe legt und Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit auflöst. Als der Klang der Oboe emporsteigt wie ein Stern zum Nachthimmel, scheint die Erde sich nicht mehr zu drehen, und alles versinkt in Stille. Diesen erhabenen Augenblicken folgen wieder profane Momente.

Zum Beispiel bei einem Trinklied, das in einer komischen Oper nie fehlen darf. Die Schlagwerker nutzen vier Sektflaschen zur rhythmischen Untermalung, und der Chor ruft am Schluss "Zugabe, Zugabe". Es war ein Konzertabend mit Unterhaltungsqualität und für alle, die mit Berlioz nicht so vertraut sind, eine hübsche Entdeckung.

(RP)
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