Remscheid Die Welt fuhr auf Bismarck-Zweirädern

Remscheid · Eine Ausstellung erinnert an die Bismarck-Werke in Radevormwald, die früher zu den führenden Zweirad-Herstellern gehörten.

 Der Schutzblechreiter der 1896 gegründeten "Fahrradwerke Bismarck" in der Nahaufnahme.

Der Schutzblechreiter der 1896 gegründeten "Fahrradwerke Bismarck" in der Nahaufnahme.

Foto: Jürgen Moll

Es war das Ereignis 1954. Neugierig standen die Menschen am Zieleinlauf und feuerten die Fahrer an, die sich ins Ziel kämpften. Bei den Deutschen Meisterschaft duellierten sich die besten Radfahrer in Radevormwald. Alte Schwarz-Weiß-Bilder zeugen von diesem Großevent. Fast alle der Teilnehmer fuhren auf einem Rad der Bismarck-Werke. Diese Zeit gehört zu den Glanzzeiten des früheren Fahrradherstellers aus der Bergstadt.

 Mit der privaten Sammlung von Dieter Ickler fing die Idee zum Museum an. Die Ausstellung, zu der auch Polizeiräder zählen (1. und 2.v.l.), wurde liebevoll zusammengestellt. Die Werke hatten einen eigenen Rennstall. Sportler befuhren auf den Bismarck-Rädern etwa die Bergstraße in Dahlhausen, mit ihrer ebenso steilen wie berüchtigten Kurve (3.v.l.). Die Zieleinfahrt des Rennens war schließlich an den Bismarck-Werken am Bergerhof auf der heutigen Kaiserstraße (r.).

Mit der privaten Sammlung von Dieter Ickler fing die Idee zum Museum an. Die Ausstellung, zu der auch Polizeiräder zählen (1. und 2.v.l.), wurde liebevoll zusammengestellt. Die Werke hatten einen eigenen Rennstall. Sportler befuhren auf den Bismarck-Rädern etwa die Bergstraße in Dahlhausen, mit ihrer ebenso steilen wie berüchtigten Kurve (3.v.l.). Die Zieleinfahrt des Rennens war schließlich an den Bismarck-Werken am Bergerhof auf der heutigen Kaiserstraße (r.).

Foto: Jürgen Moll (2), IG Bismarck (2)

Radsport-Legenden wie Erich Bitter oder Horst Lepperhoff starteten für das Team der Fahrradwerke Bismarck, die in Bergerhof in Radevormwald produzierten. Wo früher von Hand die Mitarbeiter die Rahmen mit einem eigenen Zeichen versahen, werden heute unter anderem Lebensmittel verkauft. Teile der alten Produktionsstätte an der Kaiserstraße sind noch zu erkennen.

Remscheid: Die Welt fuhr auf Bismarck-Zweirädern
Foto: Moll Jürgen

Bis zum Konkurs 1957 gehörte das Unternehmen zu den führenden Herstellern. Diese Ära ist fast vergessen - aber nur fast. Denn die Ausstellung der Interessengemeinschaft Bismarck-Zweiräder in der Schlossmacher-Galerie hält die Erinnerungen an diese Industriegeschichte wach. Rund 100 Exponate erzählen von den Anfängen und der großen Bandbreite der Produktion. Neben Rennrädern wurden auch Räder für die Steherrennen gefertigt. Eine Leihgabe aus Solingen mit bronzenem Tank zählt zu den außergewöhnlichsten Stücken. "Die damaligen Rennradprofis sind alle für Bismarck gefahren", sagt Dieter Ickler von der IG Bismarck. Mit seiner privaten Sammlung fing die Idee zum Museum an.

Ickler bereitet die Ausstellungsstücke, die unter anderem durch Internetrecherchen ausfindig gemacht werden, auf. Ein Zufallsfund sind zwei Räder, die sogar noch originalverpackt waren. Die Ausstellung zeigt sowohl Truppen- und Polizeiräder als auch Lastenräder sowie Modelle für den Militärbetrieb aus den 30ern.

Ab 1905 wurden die ersten motorisierten Zweiräder angeboten. Die Motorräder, die im Zweigwerk in Wuppertal-Ronsdorf hergestellt wurden, dienten unter anderem der Luftwaffe. Die heute weitestgehend unbekannte Sparte der Kunstradfahrer nutze ebenfalls Bismarck-Modelle.

Ein Highlight ist das Original-Rennrad von Erich Bitter, Modell "Toni Merkens", Baujahr 1955. "Das haben wir in Hildesheim abgeholt", erzählt Hartmut Behrensmeier von der IG Bismarck. Vieles von dem, was er über die Werke weiß, stammt aus Gesprächen mit Besuchern oder ehemaligen Mitarbeitern. "An die steile Kurve zum Rader Berg rauf erinnert sich heute noch Hennes Junkermann", sagt Behrensmeier mit einem Lachen.

Um die Geschichte des Fahrradherstellers aufrechtzuhalten, wurden zwölf Mitarbeiter interviewt. Von ihnen weiß Behrensmeier auch, dass Bismarck-Räder der Mercedes unter den Rädern waren. Nicht nur die Qualität zählte. Auch Innovationen wie das Zwei-Gang-Getriebe machten die Werke aus. "Sie waren ihrer Zeit sehr weit voraus", betont Behrensmeier. Sogar den Versuch, mit Rikschas Fuß in Asien zu fassen, gab es. Allerdings scheiterte das Experiment, weil der Prototyp bei der Vorführung umkippte.

Unter dem Namen "Skandia" wurden Damen- und Herrenräder in die nordischen Länder verkauft. In Bayern hießen die Räder "Siegfried". Zudem gab es eine Dependance in Griechenland. Ende der 40er-Jahre kam die Produktion von Nähmaschinen hinzu. "Sie sind heute noch funktionsfähig", sagt Behrensmeier. Besucher erzählten, damit habe man Zelte nähen können.

Mitte der 50er-Jahre begann die Fahrradkrise. Die Menschen wollten beim Fahren ein Dach über dem Kopf haben. Das Ende für die Bismarck-Werke markierte ein Verlust-Exportdeal in die USA. "Gäbe es die Firma noch, wäre sie ganz weit vorne mit dabei", ist sich Behrensmeier sicher. Denn viel hätte sich nicht verändert. Die ersten motorisierten Zweiräder von den Bismarck-Werken seien vergleichbar mit den E-Bikes, die aktuell der Fahrradbranche einen Boom bringen.

(RP)
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