Schwerpunkt Bundestagswahl Jürgen Hardt verteidigt sein Direktmandat

Remscheid · Jürgen Hardt vertritt Remscheid weitere vier Jahre in der Berlin. Der Wuppertaler ließ im Wahlkreis 103, zu dem auch Solingen und die Wuppertaler Ortsteile Ronsdorf und Cronenberg gehören, seinen Solinger Herausforderer Ingo Schäfer (SPD) klar hinter sich.

Etwa gegen 19.45 Uhr stand Hardt quasi als Sieger fest - zu groß war da bereits der Abstand. Er zieht damit zum dritten Mal in Folge in den Bundestag ein. "Das sehe ich als Bestätigung meiner Arbeit", sagte Hardt, als er gegen 20.45 in Wuppertal eintraf. Die Freude werde aber getrübt vom Bundesergebnis. "Das werden sehr schwere Gespräche in Berlin." Die SPD schlage sich in die Büsche, ohne sich mit der Basis abzustimmen. Er hoffe, dass die Ankündigung, in die Opposition zu gehen, nicht das letzte Wort sei. Zum AfD-Ergebnis sagte Hardt, dass die demokratischen Parteien hier klare Kante zeigen müssten.

Insgesamt war die Stimmung im Wuppertaler Rathaus verhalten. Hier bestimmte die SPD-Niederlage auf Bundesebene die Atmosphäre. Erst als Helge Lindh eintraf, der den Wuppertaler Wahlkreis 102 für die SPD holte (es ist der 16. Erfolg der Sozialdemokraten in Folge), wurde es laut: Lindh hatte eine große Gefolgschaft mitgebracht. Viele SPD-Wähler hatten da die Wahlparty allerdings schon verlassen.

Ingo Schäfer bezeichnete das bundesweite Ergebnis der Sozialdemokraten als "unterirdisch" und bedankte sich parallel bei den vielen Wahlhelfern seiner Partei. Jetzt gelte es, das Abschneiden der SPD einer genauen Analyse zu unterziehen, sagte Schäfer, der sich über die vielen Stimmen für die AfD bestürzt zeigte.

Eine Einschätzung, die er mit CDU-Mann Jürgen Hardt teilte. Der Bundestagabgeordnete gab allerdings der SPD eine Mitschuld am Erstarken der AfD auch in Solingen. "Die Sozialdemokraten haben die gemeinsamen Erfolge der großen Koalition leichtfertig aufgekündigt", sagte Hardt. Diese Strategie habe sich jedoch für die SPD nicht ausgezahlt, erklärte der Christdemokrat, der sich - im Gegensatz zur SPD - dafür aussprach, die große Koalition nicht vorschnell zu den Akten zu legen.

Der Remscheider SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf zeigte sich "ernüchtert" vom Ergebnis. Er begrüßt den Schritt seiner Partei in die Opposition. Der Bundestag brauche eine Debattenkultur. Die Vorstellung, dass die AfD gleich hinter der Kanzlerin ans Rednerpult geht, sei quälend. Nun werde es die SPD sein, die die Rolle der stärksten Oppositionspartei ausfüllt.

Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz sagte im Interview auf der Bühne im Lichthof, dass sich Jürgen Hardt als verlässlicher Partner des Bergischen Landes in Berlin erwiesen habe. Er verwies auf Hilfe für die Lutherkirche oder das Werkzeugmuseum.

Zweiter Sieger des Abends war die FDP. Schon bei der ersten Hochrechnung hallte lauter Jubel durchs Barmer Rathaus, im Fraktionsbüro in der ersten Etage wurden die Sektflaschen geöffnet. Karin von der Most konnte ihr Glück och gar nicht fassen. Von unserer Redaktion erfuhr sie von den Remscheider Zahlen, die noch besser sind als der Bundestrend. Die Stimmung an den Wahlständen sei eine völlig andere gewesen als 2013 - "viel offener, die Leute wollen, dass sich was ändert." Sie persönlich wird von der Woge des Erfolges nicht bis Berlin mitgerissen. Dafür reicht ihr Listenplatz nicht. Gleichwohl bleibt die Freude im Wahlkreis 103 drittstärkste Kraft zu sein - vor der AfD. Nach dem katastrophalen Ergebnis von Gerd Brems verdreifachte Karin van der Most fast dessen Ergebnis von 2013.

Gespalten war die erste Reaktion von Grünen-Kandidatin Ilka Brehmer. Dass die Grünen im Bund so gut abschneiden und nun sogar über eine Regierungsbildung mitverhandeln, sei sehr gut. Ihr Wunsch, bei der Erststimme besser abzuschneiden als Ursula Linda Zarniko erfüllte sich hingegen nicht.

Im Lichthof des Wuppertaler Rathauses waren am Abend wenige Remscheider anzutreffen. Weil in Remscheid aus Kostengründen auf eine städtische Wahlveranstaltung im Ämterhaus verzichtet worden war, scheuten viele den Weg nach Wuppertal. Vertreter von FDP und CDU besuchten lieber die Wahlparties in ihren Parteizentralen. Andere fuhren nach Solingen, wo die Stadt eine eigene Party auf die Beine gestellt hatte.

Lange hielt nur Remscheids Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz die Remscheider Fahne in Wuppertal hoch. Später kam Dezernentin Barbara Reul-Nocke (CDU) dazu. Mast-Weisz zeigte sich enttäuscht und besorgt über das Ergebnis der Bundes-SPD. Das Thema soziale Gerechtigkeit habe nicht verfangen, zumindest nicht für die SPD. "Die Leute glauben uns nicht mehr."

Mit Spannung erwartet worden war das Ergebnis der AfD, die in Remscheid in den ersten beiden Wochen des Wahlkampfes viel plakatiert hatte. Kandidat Frederick Kühne holte mit knapp zehn Prozent der Erststimmen deutlich mehr als Hans-Werner Schmitz vor vier Jahren. Damals war die Partei mit Parteichef Lucke aber noch eine völlig andere.

(RP)
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