Gesundheit Die Helfer mit der kalten Schnauze

Remscheid · Silke Bergmann hilft gemeinsam mit ihren Vierbeinern Kindern und Senioren. Angebot nennt sich „Fit dank Hund“.

Jerry Lee ist ein Motivator. Wenn Silke Bergmann mit dem Border Collie die Räume der Awo-Tagespflege betritt, blickt sie in viele strahlende Augen. Jerry Lee bereitet Bewohnern mit Demenz nicht nur Freude, der Rüde hilft ihnen auch. Wenn sie in einer Dose nach Leckerlis für den Hund greifen, trainieren sie ihre Feinmotorik.

Viel nonverbale Kommunikation zwischen Mensch und Tier läuft ähnlich ab. Wenn die Senioren den Hund streicheln, wecken das Gefühl des Fells unter den Fingerspitzen und der Geruch Erinnerungen. „Wenn die Senioren Gedächtnisübungen lösen, bekommt der Hund dafür eine Belohnung. Das motiviert“, ist sich Silke Bergmann sicher.

Erfahrungen wie diese haben die Remscheiderin dazu bewogen, mit ihrem ausgebildeten Therapiehund noch mehr Menschen erreichen und helfen zu wollen. Unter dem Titel „Fit dank Hund“ hat sich Silke Bergmann nun selbstständig gemacht. Die tiergestützte Therapie ist Haupt- und Nebenberuf sogleich. Hauptberuflich ist Silke Bergmann Gesundheits- und Krankenpflegerin und arbeitet im Zentrum für seelische Gesundheit des Kinder- und Jugendalters am Sana-Klinikum. In den acht Jahren als Pflegerin auf der intensivtherapeutischen Station hat sie viele Erfahrungen sammeln können. Es sind Erfahrungen, die sie auch menschlich geprägt haben.

Silke Bergmann hat mit Kindern zu tun, denen es seelisch schlecht geht. Sie leiden unter Depressionen, können ihre Impulse nicht kontrollieren oder haben teils Traumatisches erlebt, was sie nicht verarbeiten können. Die Mädchen und Jungen brauchen viel Hilfe und Betreuung, um sich im Leben wieder zurechtzufinden. Auch hier kommt Jerry Lee zum Einsatz. „Der Hund kann den Kindern ein direktes Erfolgserlebnis verschaffen, wenn sie ihm Kommandos geben, die er dann auch befolgt“, erklärt Silke Bergmann.

Als Therapiehund ist der Border Collie an den Kontakt zu fremden Menschen gewöhnt. Wenn es um Kommandos geht, fordert er aber von den Kindern ein selbstbewusstes Auftreten ein. Klar und deutlich müssen „Platz“ und „Sitz“ schon ausgesprochen werden. „Die Kinder lernen, selbstsicher zu sein. Sie wachsen daran“, sagt Silke Bergmann.

Als die Idee im Sana-Klinikum aufkam, hundegestützte Therapie für die jungen Patienten anbieten zu wollen, erklärte sie sich bereit, den Therapiehund bei sich aufzunehmen. Seit Kurzem hat sie eine Spielkameradin für den dreijährigen Rüden. Die Australian-Shepherd-Hündin namens Hermine hat mit ihren 15 Wochen noch einen weiten Weg, bis sie Jerry Lees Tricks gelernt hat. Sie ist noch sehr verspielt, was Silke Bergmann aber ebenso für die Therapie nutzt. „Der Welpe bringt allen viel Freude“, sagt sie.

Jenseits des Sana-Klinikums will Silke Bergmann mit ihrem Konzept die breite Masse ansprechen. Sie bietet beispielsweise Spaziergänge für Menschen mit Übergewicht oder depressiven Verstimmungen an. Verhaltensauffällige Kinder machen etwa Such- und Apportierübungen mit den Vierbeinern. „Ich biete jeweils angepasste Konzepte an. Mir sind viele Krankheitsbilder bekannt“, sagt Bergmann. Achtsam für sich selbst zu sein, haben viele Menschen verlernt.

„Es sind die kleinen Dinge, auf die man im Alltag achten sollte. Man sollte wieder zu der Erkenntnis kommen, dass es nicht das neueste Smartphone sein muss, das glücklich macht“, sagt sie.

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