Bm-Serie Die Gesundmacher Der Trend geht zum Kaiserschnitt

Remscheid · Die Frauenklinik am Sana Klinikum ist auf Frühgeburten spezialisiert. Erstgebärende sind heute häufig älter als 35 Jahre.

 Dr. Thomas Büsser ist leitender Oberarzt am Sana Klinikum.

Dr. Thomas Büsser ist leitender Oberarzt am Sana Klinikum.

Foto: Jürgen moll

Moderne Geburtshilfe umfasst heute einen hohen medizinischen Standard, Fachkompetenz der Geburtshelfer, aber genauso Trends, die dem Zeitgeist unterliegen. "Sanft und sicher" ist der Anspruch, den sich die Klinik für Frauenklinik und Geburtshilfe am Remscheider Sana-Klinikum stellt. Soll heißen: Die werdenden Mütter sollen im Rahmen der medizinischen Sicherheitsgrenzen eine selbstbestimmte Geburt erleben.

"Das erreichen wir, in dem das gesamte Team aus Hebammen, Pflege und Medizinern am gleichen Ziel arbeitet. Wir berücksichtigen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, aber auch das, was die Frauen an uns herantragen", sagt Dr. Thomas Büsser, der als leitender Oberarzt die Geburtshilfe in der Frauenklinik federführend betreut. Rund 80 Prozent aller Schwangerschaften und Geburten verliefen ohne Probleme, die Frauen kommen also erst kurz vor der Entbindung mit beginnender Wehentätigkeit in die Klinik. "In diesen Fällen sollen sie sehr schnell Vertrauen fassen. Wir nehmen die Schwangeren als selbstbestimmten Partner wahr", betont der Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin. Verläuft die Entbindung ohne Komplikationen, hält die Hebamme das Heft des Handelns in der Hand, ein Arzt kommt gegen Ende der Geburt hinzu. "Wichtig ist, dass auch nachts immer zwei Ärzte unserer Abteilung im Haus und damit sehr schnell erreichbar sind", erläutert Dr. Büsser.

20 Prozent der Schwangerschaften weichen von einem normalen Verlauf ab. Es kann zum Beispiel eine Schwangerschaftsdiabetes, eine Beckenendlage oder eine Mangelversorgung des Kindes vorliegen. Auch ein Bluthochdruck der Frau muss engmaschig kontrolliert und behandelt werden. Mehrlingsschwangerschaften verlangen ebenso häufigere Kontrollen. Droht eine vorzeitige Geburt, muss schnell gehandelt werden. "Wir bereiten uns auf eine Frühgeburt vor und versuchen gleichzeitig, sie zu verhindern", erklärt der Mediziner. Je nach Diagnose werden etwa wehenhemmende Mittel verordnet oder bei einer Schwäche des Gebärmutterhalses mit einem kleinen Eingriff ein zu frühes Öffnen des Muttermundes verhindert. Ist mit einer Frühgeburt zu rechnen, wird medikamentös die Lungenreife des Kindes beschleunigt.

Als Frauenklinik mit einem geburtshilflich-neonatologischen Schwerpunkt können Kinder ab der 32. Schwangerschaftswoche im Remscheider Sana-Klinikum zur Welt kommen. Nur wenige Meter sind es von den Kreißsälen und dem Operationsraum für Kaiserschnittgeburten bis zur Kinderklinik. Durch diese räumliche Nähe können auch Frühgeborene optimal versorgt werden. Ist eine Geburt in einem noch früheren Stadium abzusehen, werden die Frauen in ein universitäres Perinatalzentrum verlegt. "Die beste Verlegung des Kindes ist die in der Gebärmutter", sagt Thomas Büsser hinsichtlich des Bemühens um ein möglichst langes Hinauszögern der Schwangerschaft in die Nähe des errechneten Geburtstermins. Sollte beim Kind eine Erkrankung wie beispielsweise ein schwerer Herzfehler festgestellt werden, würde eine Verlegung in ein Spezialzentrum eingeleitet.

Dass Erstgebärende heute nicht selten älter als 35 Jahre und mitunter über 40 Jahre alt sind, ist eine Entwicklung, die auch am Remscheider Sana-Klinikum verzeichnet wird. Viele Frauen nehmen sich die Zeit für eine längere Ausbildung und möchten sich sodann im Beruf erst einmal etablieren. "Die Entscheidung für den Nachwuchs treffen diese Patientinnen dann aber sehr bewusst", sagt der erfahrene Geburtshelfer. Das Risiko für Komplikationen sei in diesem Lebensalter geringfügig erhöht, daher werden - wenn erforderlich - neben dem üblichen Vorsorgeprogramm weitergehende Untersuchungen durchgeführt. Noch vor wenigen Jahren gehörte die Fruchtwasseruntersuchung zum optionalen Bestandteil der Schwangerschaftsvorsorge bei über 35-Jährigen, um mögliche Fehlentwicklungen des zentralen Nervensystems, Erbkrankheiten oder chromosomale Besonderheiten wie etwa das Down-Syndrom festzustellen. Durch die Fortschritte bei der nicht invasiven Pränataldiagnostik könnten derlei Auffälligkeiten heute wesentlich sanfter und risikoloser diagnostiziert werden. Eine Fruchtwasseruntersuchung kann dann noch zur Diagnosebestätigung erfolgen.

Eine Tendenz in der Geburtshilfe sei unbestritten der von der Schwangeren erbetene Kaiserschnitt, auch wenn keine medizinische Notwendigkeit dafür vorliegt. Diesem Wunsch kommen die Frauenärzte nach - "aber nur nach einer ausführlichen und differenzierten Beratung", sagt der Oberarzt. Die beste Operation sei immer noch die, die man nicht mache und für das Kind sei der Start ins Leben mit einer natürlichen Entbindung die beste Option. Dr. Büsser versucht, die Frauen zu bestärken, ihnen Mut zu machen, die Herausforderungen der Geburt anzunehmen und an ihnen zu wachsen. "Eine Geburt ist wie ein Marathon aus dem Stand. Wer das geschafft hat, ist einfach stolz und überglücklich", zieht er lächelnd einen passenden Vergleich.

(RP)
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