„Transformationsprozess“ in Remscheid Der lange Weg zum digitalen Rathaus

Remscheid · Zahlreiche Dienstleistungen der Stadtverwaltung können mittlerweile online beantragt werden. Doch nicht immer geht es nach diesem ersten Schritt digital weiter. Das hat nicht nur mit Geld und Personal zu tun.

Trotz Computer und WLAN-Anschluss: Akten und Stempel haben im Rathaus noch nicht ausgedient.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Das Ziel war ehrgeizig formuliert. Bis Ende 2022, so steht es im Onlinezugangsgesetz des Landes NRW, sollten Bürger auf digitalem Weg Zugang zu allen Leistungen der öffentlichen Verwaltung haben. Remscheid ermöglicht aktuell einen digitalen Zugang zu 100 von 300 möglichen Dienstleistungen, berichtete Arnd Zimmermann, Leiter des Fachdienstes Digitalisierung, am Dienstagabend im Ausschuss für Bürgerservice. Regelmäßig lässt sich die Politik auf Stand bringen. Wachsende Ungeduld ist aus vielen Anfragen herauszuhören. Mit dem Projektstand sei die Stadt „in guter Gesellschaft“, sagte Zimmermann. Auch viele andere Kommunen steckten noch mitten im Transformationsprozess.

Wer das Serviceportal der Stadt im Internet besucht, findet dort ein ganzes Bündel an Möglichkeiten. Der Kindergeldantrag kann ebenso online gestellt werden wie der Antrag für den Wohngeldzuschuss. Auch Termine für das Bürgeramt können im Netz reserviert oder eine Einsicht im Bauaktenarchiv beantragt werden. Damit ist zwar dem Gesetz Genüge getan, eine komplett digitale Abwicklung sei damit aber längst nicht immer gegeben, berichtete Zimmermann. Das gilt etwa für die sehr begehrte Personenstandsurkunde, die man braucht, wenn man heiraten oder einen Personalausweis beantragen will. Der Antrag läuft online, auch die Gebühr kann man auf digitalem Weg überweisen. Für Unterschrift und Siegel auf dieser Urkunde muss der Bürger aber wieder ins Amt. „Technisch ist die digitale Signatur schon möglich“, sagte Zimmermann im Gespräch mit der Redaktion. Momentan stehe aber das Gesetz noch dagegen. Papiere mit der Unterschrift des Standesbeamten und dem händisch aufgebrachten Siegel sind nötig, damit die Urkunde Gültigkeit erlangt.

Remscheid muss zum Teil nachrüsten. So hat die Stadt im Rahmen eines Modellprojektes einen Weg für eine digitale Auskunft aus dem Melderegister entwickelt, „die wir anderen Kommunen zur Verfügung gestellt haben“. Während das System dort bereits läuft, muss in Remscheid „die Technik, die wir dort einsetzen, erst noch auf den neuesten Stand gebracht werden“, sagt Zimmermann. Noch im ersten Quartal soll es aber auch hier starten.

Eine andere Hürde auf dem Weg zur digitalen Verwaltung haben sich die Bürger selber aufgebaut – oft ohne es zu wissen. Seit 2010 gibt es mit dem ab diesem Datum ausgegebenen neuen Personalausweis die Möglichkeit, sich für die elektronische Interaktion mit der Verwaltung frei schalten zu lassen. Das taten zunächst wenige Bürger – auch aus Kostengründen. Konsequenz heute: „Wenn sie den elektronischen Personalausweis nicht haben, können sie jene Leistungen nicht in Anspruch nehmen, bei denen sie sich identifizieren müssen“, sagt Zimmerman. Aktuell müssen die Bürger diese in ihrem Ausweise schlummernde Funktion daher durch einen Besuch beim Amt erst aktivieren lassen. „Das machen zunehmend mehr Leute“, sagt Zimmermann. Mittlerweile wird der „Perso“ nur noch mit der E-Option ausgegeben.

„Digitalisierung ist nicht zum Nulltarif zu haben“, stellte Zimmermann im Ausschuss klar. Geld und Personal ist knapp, Fördergelder sind Mangelware. Bislang kümmern sich zwei Personen um das Thema, zwei weitere Stellen sind bewilligt. Bewerbungsgespräche laufen. Derweil ist ein Pilotprojekt zur elektronischen Akte gestartet. Das umfangreiche Bauaktenarchiv wird digital erfasst. Auch in anderen Bereichen sollen später zumindest die laufenden Vorgänge digitalisiert werden.