Datenschutzverordnung Sorge vor den Abmahnungs-Profis
Remscheid · Nicht nur zwischen Geschäftspartnern gehört es bislang zum guten Ton, Visitenkarten auszutauschen. Ab nächsten Freitag könnte das anders sein: Der 25. Mai ist Stichtag für die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Dann könnte Experten zufolge – bei strenger Auslegung der Regeln – die Visitenkarte sogar zu einem Bußgeld führen. Dann nämlich, wenn die darauf angegebenen Daten gespeichert und der Betroffene darüber nicht in Kenntnis gesetzt wird.
„Slapstick“ und „abenteuerlich“, nennt Fred Schulz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Remscheid, derartige Auswüchse. Datenschutz sei zwar wichtig. Die neuen Regeln überforderten aber kleine Handwerksbetriebe. Sie müssen ihre Rechner, auf denen Mitarbeiter- und Kundendaten gespeichert sind, ebenso datensicher machen wie große Betriebe. Nur dass Letztere ohnehin schon über einen Datenschutzbeauftragten verfügen.
Vor allem kleine Unternehmen koste es viel Geld und Zeit, die neue Verordnung einzuhalten. Heute würden ja schon Vier-Mann-Sanitärbetriebe digital arbeiten. „Da hat dann jeder Mitarbeiter ein i-Pad, auf dem Daten gespeichert sind. Auch die müssen sicher sein“, betont Schulz, der befürchtet, dass sich ab dem 25. Mai spezialisierte Abmahnbüros auf Lücken im Datenschutz der Betriebe stürzen.
Er wolle aber keine Ängste schüren. „Ich will die Betriebe sensibilisieren und vor Bußgeldern schützen“, sagt Schulz. Er rät, „alles, was nach außen wirkt“, bis zum Stichtag anzupassen: „Internetauftritt verschlüsseln, einen Link mit der neuen DSGVO auf die Startseite setzen und das Impressum überprüfen.“
Das empfiehlt auch Markus von Dreusche, Geschäftsführer des Arbeitgeber-Verbands (AGV). Angesichts des Umfangs der DSGVO sei die Zeit zwischen Inkrafttreten und dem Stichtag kurz gewesen. Ansonsten sieht er die Betriebe aber relativ gut vorbereitet. „Vereine sind da schon mehr betroffen“, glaubt von Dreusche.
Das kann Daniela Hannemann nur bestätigen. Die Geschäftsführerin des Sportbunds verweist auf zwei konträre Sichtweisen in den Vereinen: Ich mag mich mit EDV nicht beschäftigen, sagen die einen. Ich muss mich damit beschäftigen“, die anderen. Einerseits seien bestimmte Dinge extrem aufwendig umzusetzen – andererseits sagt sie: „Wer sich bislang an Auflagen und Bestimmungen des Deutschen Datenschutzverordnung gehalten hat, für den ist die EU-weite Bestimmung jetzt nicht mehr schlimm.“
Es habe schon Bußgelder in Höhe von 250 Euro gegeben für Vereine, die die Karteikarte ausgeschiedener Mitglieder nicht vernichtet hatten. Insofern gebe es nicht nur Abmahn-„Profis“, die aufs gute Geschäft hoffen, sondern müsse der Verein auch an Mitglieder denken, die im Unfrieden austreten und dem Verein noch eins auswischen wollten.
Der Sportbund habe die Mitgliedsvereine vorab informiert – wie im Übrigen auch der Landessportbund, der auf seiner Homepage www.lsb.nrw.de an prominenter Stelle auf die DSGVO verweist und den Vereinen interessante Handreichungen anbietet. Am Dienstag, 22. Mai, veranstaltet der Sportbund ein – restlos ausgebuchtes – Seminar zu diesem Thema.
Für einen Tag später hat die Landesorganisation von Haus & Grund zu einer Information nach Düsseldorf geladen. Alexandra Kauran, die Geschäftsführerin der Vermieter-Organisation in Remscheid, wird viel mitschreiben. Sie findet am schlimmsten, „dass selbst wir nicht genau wissen, was wir tun müssen. Müssen wir zum Beispiel eine Einverständniserklärung haben, ehe wir die Telefonnummer eines Kunden an den Handwerker weitergeben?“ Sie glaubt, dass diese Verordnung eigentlich auf der Ebene von Google und Facebook ansetzen sollte, jetzt aber auch Vermieter treffe.