Remscheid Das Wohl des Kindes hat Priorität

Remscheid · Der Direktor des Remscheider Amtsgerichts geht mit 67 Jahren in Rente. Als Familienrichter plädiert er für einen "Elternführerschein". Er lobt die Anwälte für ihre Zusammenarbeit. Für seine Enkelkinder hat er nun mehr Zeit.

 Amtsgerichtsdirektor Paul-Dieter Dudda geht nächste Woche in den Ruhestand. Foto: Christian Peiseler

Amtsgerichtsdirektor Paul-Dieter Dudda geht nächste Woche in den Ruhestand. Foto: Christian Peiseler

Foto: Peiseler Christian

Traurige Kinderaugen hat Paul- Dieter Dudda viele gesehen. Als Familienrichter gehörte es zu seinen zentralen Aufgaben zu entscheiden, ob ein vernachlässigtes oder misshandeltes Kind besser bei der leiblichen Mutter oder dem Vater aufgehoben ist, oder ob die Aufnahme in einer Pflegfamilie für die Entwicklung des Kindes die positivere Alternative ist.

Keine leichte Entscheidung. Vor allem eine Entscheidung, die immer die individuellen Umstände zu berücksichtigen hat. "Aus meiner Lebenserfahrung als Richter ist für mich das Kindeswohl am wichtigsten", sagt Dudda. Wenn ein traumatisiertes Kind in neuer Umgebung die traurigen Augen verliert, dann sieht sich Dudda in seiner Entscheidung bestätigt, den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Und er sähe es gerne, wenn das Bundesverfassungsgericht diese Priorisierung unterstützen würde. Die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz würde er begrüßen. Er plädiert auch für einen "Elternführerschein". Junge Familien seien trotz besten Willens häufig überfordert, Kindern Grenzen zu setzen, Grenzen, die sie unbedingt brauchen.

"Das war gut", sagt Dudda auf die Frage, ob ihm die Arbeit als Richter Freude gemacht habe. Seit 2007 ist der Jurist Direktor des Amtsgerichtes. "Ich bin hier immer gerne hingekommen", sagt er. Seine Berufsjahre hat er voll ausgereizt. Mit 67 Jahren geht er in Rente. "Länger darf ich nicht arbeiten", sagt er. Da schwingt Wehmut mit.

Das Interesse am Richteramt wuchs während eines Praktikums am Landgericht Wuppertal. Sein Ausbilder ließ ihn Vorschläge für Urteile schreiben, die dann eins zu eins übernommen wurden. Als Student hatte er eine andere Lebensplanung. Mit drei Freunden eine Anwaltskanzlei gründen, anderthalb Jahre arbeiten und ein halbes Jahr Urlaub machen. Doch die Realität sah anders aus. Nach einem Prädikatsexamen - das nur eine kleine Gruppe von Juristen erreicht - hatte er keine Probleme, als Richter eine Anstellung zu finden.

Als Familienrichter lobt Dudda die Remscheider Anwälte. In vielen Prozessen hätten sie eine Mitverantwortung für das Wohl des Kindes gezeigt und an die Einsicht der Eltern appelliert, schmerzliche Entscheidungen mitzutragen. "Das ist in anderen Städten anders", weiß Dudda.

Die regelmäßigen Treffen zwischen Justiz und Jugendamt und die eindrucksvolle Arbeit der Kinderschutzambulanz tragen dazu bei, dass man in Remscheid die Familien im Blick habe. "Ein Fall wie in Freiburg kann bei uns nicht passieren", sagt Dudda. Der scheidende Direktor bezeichnet sich als einen Familienmenschen. "Ich habe gerne alle um mich", sagt er. Drei Kinder hat Dudda. Wenn alle zusammen feiern mit Geschwistern und Enkeln, umfasst der Kreis 40 Personen. Seine Hobbys wie Radfahren, Tanzen und Volleyball will er weiter pflegen. Im Mai besucht er zwei Wochen Freunde in der Toskana. Und für seine Aufgaben als Opa hat er nun mehr Zeit. Schicksale von Kindern, die er nicht in die richtige Richtung lenken konnte, bleiben in Erinnerung. Traurige Augen kann man nicht vergessen.

(RP)
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