Breitbandausbau in Remscheid Öffentliche Briefe sind meist ein schlechtes Zeichen
Meinung | Remscheid · Die Telekom hängt beim Breitbandausbau hinterher. Deshalb hat der Remscheider Oberbürgermeister nun an Chef Timotheus Höttges geschrieben.
Burkhard Mast-Weisz (SPD) ist als umgänglicher Politiker bekannt. Seine Bürgernähe gilt als einer der Gründe, warum die Remscheider ihn 2020 erneut zu ihrem Oberbürgermeister wählten.
Dass der OB öffentlichen Einblick in seine Post ermöglicht, ist gleichwohl eher ungewöhnlich. Das in dieser Woche als Tischvorlage in den Ausschüssen des Rates verteilte Schreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges, ist darum ein sicheres Anzeichen, dass etwas schief läuft in Remscheid. Die Seestadt auf dem Berge, die bei Rankings zum Stand der Digitalisierung regelmäßig wenig schmeichelhafte Noten bekommt, wird vom einstigen Staatsunternehmen ordentlich hängen gelassen. Beim vertraglich vereinbarten und mit Geldern in zweistelliger Millionenhöhe von Bund und Land finanzierten Ausbau der Breitband-Anschlüsse hält Europas größtes Telekommunikations-Unternehmen die Absprachen bei weitem nicht ein. Nun hat der Branchenriese den Vorschlag gemacht, die Frist für die Fertigstellung um ein Jahr zu verlängern. Unternehmen, Schulen, aber auch viele Privathaushalte sind die Leidtragenden.
Ähnlich wie bei der Deutschen Bahn im Schienenverkehr führt an der Telekom, die im Jahr 2020 ein Jahresgeschäft von über 100 Milliarden Euro machte, im Geschäft mit schnellen Internetanschlüssen kaum ein Weg vorbei. Ihr gehört die Infrastruktur, die auch Mitspieler wie 1&1 nutzen.
Den Brief des OB an den Telekom-Boss darf man darum weniger als Mahnschreiben denn als höfliche, wenn auch mit dem nötigen Ernst formulierte Bitte verstehen, die Absprachen einzuhalten. Die Stadt setzt darauf, dass der Branchenriese noch etwas auf seinen Ruf gibt und es nicht mag, wenn Mängel in seiner Arbeit öffentlich diskutiert werden.
Zugleich ist der Brief aber auch an die Remscheider adressiert. Die Botschaft: Ich lasse mir das nicht so bieten. Das ist auch Selbstschutz. Viele Anrufe von Bürgern, die auf ihren schnellen Internetanschluss warten, landen im Rathaus.