Bahnhof Lüttringhausen Blick zurück auf eine bewegte Geschichte

Remscheid · Der Bahnhof Lüttringhausen war lange dem Verfall überlassen. Ein Investor haucht ihm jetzt neues Leben ein.

 Der Lüttringhausener Bahnhof, wie er Ende des 19. Jahrhunderts aussah, auf einer Postkarte.

Der Lüttringhausener Bahnhof, wie er Ende des 19. Jahrhunderts aussah, auf einer Postkarte.

Foto: Kurt Kaiß

Lange war der Hausbahnsteig direkt am Bahnhofsgebäude das Tor in die Welt. Schnell noch eine kurze Umarmung, ein flüchtiger Kuss und schon spie die Lok den Dampf in die Luft und setzte sich unter lauten Geräuschen in Bewegung. Der Lüttringhausener Bahnhof öffnete vor 150 Jahren zum ersten Mal seine Pforten. Seitdem schleusten sich die Reisenden durch die Schalterhalle zum Zug.

Diese Zeiten sind für das alte Gebäude schon lange passé. Vor zwölf Jahren beschloss die Deutsche Bahn, den Haltepunkt weiter in Richtung Beyenburger Straße zu verlegen und einen „DB PlusPunkt“ einzurichten. Seit dem 8. November 2006 dient er als Haltepunkt. Die Gaststätte schloss Anfang des 21. Jahrhunderts und wird seit 2005 vom letzten Mieter, dem Verein Eisenbahnfreunde Remscheid, als Vereinsheim genutzt.

Alfred Quaiser, Mitglied der Eisenbahnfreunde, hat zum runden Jubiläum die Historie des Bahnhofs umfangreich recherchiert und festgehalten. Als Besonderheit galt die Absperrkette am Bahnsteig. Diese löste der Fahrdienstleiter kurz vor Eintreffen des Zuges Richtung Wuppertal, damit die Passagiere über das Gleis zum schmalen Zwischenbahnsteig gehen konnten.

Antrieb für den Bau der Strecke war die florierende Metallindustrie des 19. Jahrhunderts. „Für die heimische Industrie war es ein Segen, endlich Anschluss an das Bahnnetz zu bekommen“, sagt Quaiser.

Am 1. September 1886 eröffnete die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft (BME) die 18,05 Kilometer lange Bahnverbindung von Rittershausen (heute Wuppertal-Oberbarmen) bis Remscheid und damit auch den Bahnhof Lüttringhausen. Mit dem Bau der Müngstener Brücke wurde 1897 die Strecke bis nach Solingen verlängert.

Die ersten Jahrzehnte war Lüttringhausen eher Durchgangsbahnhof mit einigen Gütergleisen. Die Firma Dirostahl verfügte über ein eigenes Bahngleis, genauso wie die Firmen Diehl und Rhewum. Heute wird wieder das Gütergleis der Deutschen Bahn zur Abwicklung genutzt. Der Stückgüterverkehr wurde 1974 eingestellt, das dazugehörige Gebäude in den 2000er-Jahren abgerissen, berichtet Quaiser.

Aktuell kämpft die Stadt für die Direktverbindungen nach Düsseldorf und Essen sowie für die Elektrifizierung der Strecke. Bis zum Sommer 1980 konnten die Lütterkuser mit einer Direktverbindung ins Oberbergische. Zahlreiche Sonderfahrten, etwa 1980 zum Fußball-Spiel des BV 08 Lüttringhausen in der dritten Hauptrunde des DFB-Pokals nach München, bildeten die Ausnahmen zum sonst eintönigen Fahrplan.

Das Gebäude hat mit dem neuen Eigentümer, einem Investor aus Essen, seit 2018 wieder bessere Aussichten. Lange überließ das Bundeseisenbahnvermögen die Immobilie dem Verfall. Ein Aktionskreis fand sich Anfang des Jahres zusammen, um den nicht unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof zu kaufen und ein Kulturzentrum daraus zu machen. Doch der Investor war schneller. Er sei aber offen für Ideen, sagt Oliver Grünberg von den Eisenbahnfreunden, die weiterhin ihr Vereinsheim dort betreiben können. Erste Sanierungsarbeiten, etwa am Dach, wurden durchgeführt. Weitere sollen folgen, die Dienstwohnungen wieder als Wohnraum genutzt werden. Im Erdgeschoss ist Platz für eine gewerbliche Nutzung, an der auch der Aktionskreis interessiert sei, sagt Grünberg. Dazu muss ein Konzept erarbeitet werden. Eine erste Probe bietet das Familien- und Kulturfest, das der Heimatbund Lüttringhausen mit den Eisenbahnfreunden heute ab 11 Uhr anlässlich des 150-jährigen Jubiläums am Bahnhof feiert.

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