Remscheid Bibeln erzählen Remscheider Geschichte

Remscheid · Helmut Epe und der Lions-Club planen eine Ausstellung mit seltenen Exemplaren der Heiligen Schrift. Sie stammen aus den Nachlässen Remscheider Familien und wären fast in der Altpapierpresse verschwunden.

Das Exemplar sieht zerlesen, zerfallen und zerrupft aus. Würde man drin blättern wollen, bestünde wohl die Gefahr, dass es einem in der Hand zerbröselt. Ein gläserner Kasten schützt das dicke Buch, eine Biblia aus dem Jahre 1691, gedruckt in Nürnberg, übersetzt von Martin Luther. Dass diese Ausgabe nicht längst in irgendeiner Altpapierpresse zerkleinert wurde, ist Malermeister Helmut Epe zu verdanken. Er hat sie aus Altpapiercontainern gerettet. "Ich konnte nicht mit ansehen, wie diese Bibeln einfach verschwinden", sagt der 78-jährige Lions-Bruder. Die Biblia von 1691 ist nicht das einzige antiquarische Schätzchen, das Epe im Laufe der Jahre gesammelt hat. Immer, wenn eine neue Ladung an Büchern für den Bücherbasar der Lions angeliefert wurde, hatte er ein Auge auf Ausgaben vom "Buch der Bücher". Seit fast 20 Jahren organisiert der Club den Basar, um mit dem Erlös aus verkauften Büchern soziale Einrichtungen zu unterstützen. Zwischen 12.000 und 15.000 Euro Erlös erzielt der Club mit dieser Aktion.

Fünf Schränke voll an Bibeln sind inzwischen im Hause Epe zusammengekommen. "Ich bin kein Frömmler und gehe auch nicht jeden Sonntag in die Kirche", sagt Epe. Er sei, was das Christentum angehe, nicht vorbelastet. Der Handwerksmeister schätzt aber die Handwerkskunst dieser Drucke und die geheimnisvollen Geschichten, die hinter diesen namenlosen Büchern stecken könnten. Sie stammen alle aus dem Nachlass von Remscheider Familien. Auf einem Basar lässt sich mit ihnen kein Preis erzielen. Einen Wert haben sie für Epe dennoch.

Es ist der Geist der jeweiligen Zeit, der sich in den Ausgaben spiegelt. Ein Exemplar stammt aus dem Jahr 1947. Die britische und ausländische Bibelgesellschaft hat sie drucken lassen mit dem Zusatz: "Für die deutsche Bevölkerung nach Ende des Zweiten Weltkrieges zum moralischen und religiösen Aufbau." In der Sammlung von Epe befinden sich aber auch Gesangs-, Kommunions- und Predigtbücher. Ein Exemplar erhielt eine gewisse Adele Held im Jahr 1899 zu Konfirmation, überreicht von Pfarrer Jösting. Besonders hervorgehoben wird das rechte Verhalten zum Abendmahl auf Seite 20/21. Widmungen, Gedichte, Bilder und Stiche geben den Ausgaben der Heiligen Schrift ihre persönlichen Noten. Eine Bibel stammt aus diesem Jahr. Die Jubiläumsausgabe der Bibelübersetzung von Luther. Epe hat sie sich selbst gekauft, um die Ausstellung abzurunden. So könne der Leser und Besucher gut vergleichen, wie sich nicht nur Geschmack und künstlerischer Ausdruck des Glaubens, sondern auch das Deutsch in den Bibeln geändert hat, obwohl immer der gleiche Übersetzer angegeben wird: Martin Luther. "Da ist schon viel geglättet worden", sagt Epe. Luthers Deutsch sei kraftvoller und saftiger gewesen.

Epe und der Lionsclub wünschen sich, die Sammlung in Remscheider Kirchen und Gemeindesälen zeigen zu können. Die sechs schweren Vitrinen sind fast fertig. Gespräche müssen noch geführt werden. Theologische Fachkenntnis bringt Pfarrer Friedhelm Krämer ein. Der Filmemacher Jürgen Michael Schumacher hat sich bereits angemeldet, um ein Video über die Geschichte(n) dieser Bücher zu drehen. Es wird auch ein Video über ein Stück lokaler Sittengeschichte sein.

(RP)
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