Remscheid Bedrängt durch Stalking

Remscheid · Die Täter quälen ihre Opfer mit unzähligen Anrufen, lauern ihnen immer wieder vor der Haustüre auf. Seit einem Jahr ist das, was sie tun, eine Straftat. 18 Fälle registrierte die Polizei seither, 17 sind aufgeklärt.

Er nannte es Liebe. Für sie war es Terror. Immer wieder rief er sie an, fuhr ihr im Auto bis zum Büro hinterher, stand vor ihrer Haustüre. Er schickte ihr Blumen, nannte sie seine Traumfrau. Sie erwiderte seine Gefühle nicht und wies ihn ab. Am Ende lauerte er ihr im Hausflur auf, würgte sie. Die Frau überlebte und zeigte ihn an — wegen Stalking.

Keine fiktive Geschichte, sondern ein Fall, den Kriminalhauptkommissar Thomas Kolodziej im vergangenen Jahr bearbeitet hat. "Stalking", am besten mit "Nachstellung" übersetzt, ist seit einem Jahr eine Straftat. Sie liegt dann vor, wenn ein Täter "beharrlich" die räumliche Nähe oder auch nur Kontakt zu seinem Opfer herzustellen versucht. Gewalt muss dabei nicht im Spiel sein — es genügt schon, wenn der Täter seine Mitmenschen mit ständigen Telefonanrufen quält.

Seit es den "Stalking-Paragrafen" im Strafgesetzbuch gibt, kann die Polizei endlich eine genaue Statistik führen. Zuvor wurden die Fälle unter anderen Delikten aufgeführt und waren als Stalking nicht erkennbar. Die Zahl ist sogleich erschreckend hoch: 150 Fälle gab es im vergangenen Jahr im Bergischen Land. 18 davon passierten in Remscheid. 17 sind bereits aufgeklärt.

"Wir sind sehr froh, dass es diese Gesetzesänderung gegeben hat, denn jetzt können wir schon früh handeln", berichtet Kolodziej. Waren der Polizei zuvor die Hände gebunden — das Schicken von Blumen, das ständige Versenden von SMS oder ausdauernde Telefonanrufe waren strafrechtlich nicht zu erfassen — kann sie jetzt schon früh auf den Täter einwirken. So werden Stalker beispielsweise von uniformierten Beamten besucht, die sie auf die Konsequenzen ihres Handelns hinweisen.

In allen 17 Remscheider Fällen waren die Täter männlich — kein Zufall. Aber auch Frauen können ihren Opfern, beispielsweise ehemaligen Lebenspartnern oder Nebenbuhlerinnen, hartnäckig nachstellen.

Zwei Motive sind besonders häufig, erläutert Kolodziej. "Zum einen wollen Stalker jemanden ärgern, indem sie beispielsweise auf dessen Namen Bestellungen bei Versandhäusern aufgeben." Zum anderen gibt es Menschen, die sich mit einer Abweisung nicht abfinden können, wie etwa Ex-Lebensgefährten oder vermeintlich Verliebte.

Mit ihrem Verhalten — 30 bis 40 SMS täglich sind keine Seltenheit — lösen die Täter bei ihren Opfern traumatische Erfahrungen aus. "Stalking schränkt das Leben ungemein ein", hat Kolodziej erfahren. Viele Betroffene trauen sich kaum noch auf die Straße, reagieren panisch selbst auf harmlose Begebenheiten. Die einfachsten Besorgungen des täglichen Lebens — einkaufen, zum Arbeitsplatz fahren — sind nur noch unter Angst möglich. Und manchmal kommt es eben auch zu Gewalt.

Gegenwehr ist möglich. Die Polizei, der Verein "Frauen helfen Frauen" sowie die Organisation "Weißer Ring" stehen Betroffenen zur Seite.

(RP)
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