Baudenkmäler in Remscheid „Das Gebäude ist eben niemals fertig“
Serie | Remscheid · Die evangelische Martin-Luther-Kirche gehört seit dem Jahr 2018 zur Auferstehungs-Kirchengemeinde, die aus Luther- und Johannes-Gemeinde entstanden ist. Seit 1987 steht sie unter Denkmalschutz.
Die Lutherkirche, wie die Martin-Luther-Kirche im Sprachgebrauch der Remscheider kurz heißt, ist die Kirche, mit der Lothar Elbertzhagen sich wohl am besten auskennt. Kein Wunder, dass der Bau-Kirchmeister der Evangelischen Auferstehungs-Kirchengemeinde die Lutherkirche als seine „Heimat“ bezeichnet. Ein Grund dafür ist sicherlich auch, dass er die umfangreichen Sanierungsarbeiten an der Kirche in den Jahren 2015 und 2016 so intensiv begleitet hat. „Ich sage immer, dass ich hier wirklich jeden Stein kenne – und ich hoffe auch, dass das nach Ende meiner Dienstzeit von meinem Nachfolger so gehandhabt wird. Für mich ist es immer ein Stück Nachhausekommen, wenn ich die Kirche betrete“, sagt Elbertzhagen.
Und die Lutherkirche ist natürlich auch ein eindrucksvolles Bauwerk – das übrigens bereits seit dem 10. Juli 1987 auf der Liste der Baudenkmäler in Remscheid steht. Errichtet wurde die Kirche in einer Zeit, in der sich Remscheid langsam aber sicher vom Dorf zur Stadt verwandelte. Wie aus der Unteren Denkmalbehörde zu erfahren ist, war Remscheid zu Beginn des 19. Jahrhunderts tatsächlich noch ein Dorf, in dem rund 6000 Menschen lebten. Das hatte sich zum Ende des Jahrhunderts deutlich gewandelt – 1890 waren es bereits an die 40.000 Menschen, die hier lebten. Damals sei dann in der Evangelischen Kirchengemeinde die Notwendigkeit erkannt worden, eine größere Kirche für die Menschen zu errichten. „Die evangelische Stadtkirche am Markt bot den Gläubigen keinen ausreichenden Platz mehr“, wie es in einer Schrift der Denkmalbehörde zum Tag des offenen Denkmals im Jahr 2015 heißt.
Im hinteren Bereich, links vom Altar, findet man den Grundstein. Die Kirche ist vom Architekt Peter Zindel ab dem 10. November 1891 errichtet worden – dem Geburtstag Martin Luthers. Anderthalb Jahre später wird Richtfest gefeiert, am 5. September 1894 findet dann die feierliche Einweihung der neuen Kirche statt. Natürlich sind in einem solch großen und bald 130 Jahre alten Gebäude immer wieder Reparaturen vorzunehmen – selbstverständlich in Abstimmung mit dem Denkmalschutz. „Zuletzt haben wir 2021 und 2022 den Vorplatz neugestaltet. Aktuell sind wir daran, die Türen entsprechend des Denkmalschutzes neu zu machen. Das Gebäude ist eben niemals fertig, es gibt immer etwas zu tun“, sagt Elbertzhagen. Vor drei Jahren sei zudem der Holzboden, der schon ganz dunkelbraun geworden sei, aufgearbeitet worden.
Die Lutherkirche ist vom Stil her eine neugotische Kirche, die auf einem Grundstück errichtet worden ist, das der Kirchengemeinde vom Walzwerkbesitzer Hessenbruch überlassen worden ist. „Die Bauzeit war nicht nur für die damalige Zeit enorm schnell“, wie Elbertzhagen anmerkt. Ein solch großes Bauwerk in nicht mehr als drei Jahren zu errichten, habe sich allerdings schon bald gerächt, wie der Bau-Kirchmeister anmerkt. „Das Mauerwerk ist nicht ganz dicht gewesen, die Feuchtigkeit ist direkt ins Innere gelangt. Und die ersten Renovierungsarbeiten haben schon recht früh begonnen“, sagt er. Natürlich seien das nicht die einzigen geblieben, ganz im Gegenteil, wie Elbertzhagen berichtet.
So seien etwa im Ersten Weltkrieg zwei der drei großen Bronzeglocken, die von der Glockengießerei Munte aus Witten gegossen worden seien, für die Munitionsproduktion eingeschmolzen worden. „Heute läutet ein Stahlguss-Trio mit mehreren Tonnen Gewicht. Die Glocken wurden nach dem Ersten Weltkrieg eingebaut“, sagt Elbertzhagen. Die ursprünglichen Fenster im Altarraum seien im Zweiten Weltkrieg durch den Druck einer Streubombe zerstört worden. „Leider weiß man nicht, wie die Fenster ausgesehen haben, so dass nur farbige Fenster eingesetzt werden konnten“, sagt der Bau-Kirchmeister. Zwischen 1960 und 1980 seien dann noch das Schieferdach gegen eine neue Dachdeckung ausgetauscht, und der spitze und charakteristische Turm renoviert worden.
Eine bemerkenswerte Eigenschaft der Lutherkirche ist ihre ganz hervorragende Akustik. Daher wird die Kirche sehr gerne für Konzerte genutzt – wenn etwa „The Best of Harlem Gospel“ mit ihren vielen Stimmen den Kirchenraum zum Klingen bringen, oder „Die Prinzen“ ihre A-Capella-Popmusik auf ihrer 2010er-Kirchentour auch nach Remscheid gebracht haben. Die großen Renovierungen sind offensichtlich aktuell beendet, für Elbertzhagen ist die Beobachtung „seiner Lutherkirche“ indes wohl wirklich erst dann vorbei, wenn er in den Ruhestand geht. Und vermutlich auch dann nicht wirklich, wie er lachend sagt. „Vielleicht werde ich dann auch noch um Rat gefragt werden.“