Coiffeure in Remscheid öffnen wieder Haarschnitte ab Montag – Friseure atmen auf

Remscheid · Sechs lange Wochen waren alle Friseurläden in Nordrhein-Westfalen Corona-bedingt geschlossen. Ab kommenden Montag öffnen sich die Pforten bei harten Hygiene-Auflagen wieder – auch in Lennep.

 Coiffeur Marcello in Lennep: Wolfgang Helmich (links) und Marcello Pisana.

Coiffeur Marcello in Lennep: Wolfgang Helmich (links) und Marcello Pisana.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Seit fast 30 Jahren sind Marcello Pisana und Wolfgang Helmich eine Instanz in der Lenneper Friseur-Szene. Eigentlich Zeit genug, um sich mit den Jahren Rücklagen zu erarbeiten. Doch das Gründer-Duo startete 2016 neu durch, wechselte den Standort und ließ sich an der Kölner Straße nieder: „Wir wollten zentraler sein und für den Salon ein anderes Design“, sagt Helmich. Die Idee war gut – bis den zwei Friseurmeistern und ihren sechs Mitarbeitern der Corona-Shutdown ins Handwerk pfuschte.

„Der abrupte Lockdown war der Beginn einer finanziellen Durststrecke“, bilanziert Pisana, obwohl er als Italiener weiß, „dass die Menschen in Deutschland unter dem Strich noch Glück hatten“. Pisana muss aber auch nicht die Geschäftszahlen verantworten. Das ist die Aufgabe von Helmichs Ehepartner Andreas. Für ihn steht fest: Die Entscheidung, ab Montag die Friseurläden unter Auflagen wieder öffnen zu lassen, kommt gerade noch zur rechten Zeit. „Viel länger hätten selbst wir mit unserem Traditions-Salon am Markt nicht überlebt.“ Denn der Umzug vor vier Jahren habe reichlich Geld gekostet: „Die Soforthilfe der Landesregierung kam daher auch uns gelegen.“

Indes gehe es kreativen Köpfen wie seinem Ehemann und Pisana nicht nur ums Finanzielle: „Friseure wie sie sehen sich vorrangig dafür da, die Lebensqualität der Leute zu steigern.“ Vor der Corona-Krise sei das im Salon mit einem breiten Spektrum möglich gewesen. Denn bei einem Mitglied der Friseur- und Kosmetikvereinigung „La Biosthétique“ stünden „immer auch Gesichtsbehandlungen und Handpflege im Programm“. Lauter Dienstleistungen, die es auch nach der jetzigen Lockerung nicht geben wird.

Helmich findet das nachvollziehbar: „Man weiß einfach immer noch zu wenig über die Ansteckungswege.“ Womit es weder gegenüber den Kunden noch gegenüber dem Personal verantwortungsbewusst wäre, „zu große Nähe zu erlauben“. Denn Sicherheitsvorkehrungen wie in einer Arztpraxis seien in einem Friseursalon unmöglich.

Schon jetzt erscheinen die Auflagen hart: „Wir dürfen nur noch die Hälfte der Stühle besetzen und müssen jeden Stuhl nach der Benutzung desinfizieren. Den Wartebereich müssen wir abschaffen und durch eine Hygiene-Station ersetzen. Getränke offerieren ist verboten, und Zeitschriften sind auch nicht mehr erlaubt“, zählt Pisana auf und nennt weitere Punkte: „Jeder Kunde muss sich künftig die Haare waschen lassen und absolut pünktlich sein.“

Hintergrund sei das von der Genossenschaft strikt vorgegebene Konzept der telefonischen Terminvergabe: „Demnach darf nur in den Salon kommen, wer im Kalender eingetragen ist und zuvor gesagt hat, welche Haarbehandlung erwünscht ist.“ Haar-Experte Wolfgang Helmich findet das vernünftig und hält es auch für „richtig, dass wir die Kontaktdaten der Kunden erfassen und notieren sollen, wann sie sich im Salon aufgehalten haben“. Immerhin gebe es einen anderen Weg zur Erfassung von möglichen Infektionsketten derzeit leider nicht.

Helmich hofft indes, dass es zu einem Infektionsfall erst gar kommen wird: „In diesem Falle käme vermutlich ein erneuter Lockdown, bei dem selbst ich als Traditionsunternehmer Existenzängste verspüren würde“. Zumal er nach einer weiteren Zwangspause „kaum noch die Preise dort halten könnte, wo sie vor der Corona-Krise waren“. Teuerungen zu vermeiden sei aber sein Ziel.

Ganz ohne Zuschläge werde es aber auch in ihrem Salon nicht gehen: „Die Kosten für Einweg-Umhänge, Masken und literweise Desinfektionsmittel müssen auch wir über eine Hygiene-Pauschale an unsere Kunden weitergeben.“ Helmich schätzt, dass sich dadurch jede Behandlung um etwa 3,50 Euro verteuern wird.

Schwarz arbeitende Friseure, die von der Situatioon profitieren wollen, zeigen sich laut Helmich „unsolidarisch mit anderen Coiffeuren“. Ein Novum wäre das indes nicht: „Obwohl offiziell alle Friseurläden geschlossen waren, konnte man auch in den letzten Wochen viele gutfrisierte Menschen auf den Straßen sehen.“

Für seinen Kollegen Pisana ist das ein Skandal: „Wer in Corona-Zeiten heimlich die Leute frisiert, und das womöglich noch ohne Hygienevorkehrungen, handelt nicht nur unfair, sondern kriminell.“ Vor allem dann, „wenn es, so wie jetzt, wieder legale Wege zum Friseur gibt“.

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