Nach Attacke auf Kameramann in Wuppertal Aufgeheizte Atmosphäre im Gerichtssaal
Remscheid · Zwei Männer, darunter ein Remscheider, sollen in Wuppertal ein Team des TV-Senders Sat.1 angegriffen haben. Ein erster Prozess war „geplatzt“, nun geht es weiter.
Die Abläufe im Prozess wegen des Angriffs auf ein Sat.1-Team sind allemal bemerkenswert. Die Verteidiger der beiden Angeklagten aus Remscheid und Gelsenkirchen, die im Oktober 2018 einen Kameramann eines Recherche-Teams angegriffen haben sollen, scheinen sich ziemlich sicher zu sein: Nicht ihre Mandanten gehören auf die Anklagebank, sondern die Sat.1-Redakteurin wegen Falschaussage.
Es seien zudem Persönlichkeitsrechte missachtet worden, weil es keine Drehgenehmigung gegeben habe. Stattdessen sei pausenlos gefilmt worden und die Schreie der Redakteurin, die auf einem Video noch immer im Internet zu sehen oder besser zu hören sind, seien Teil „einer geplanten Inszenierung“. Tatsächlich laufen Ermittlungen gegen die Frau wegen ihrer Aussage im ersten Prozess, der im April kurz vor der Urteilsverkündung geplatzt war.
Nachdem die Verteidiger damals ein Video der Überwachungskamera des Autohauses vorgelegt hatten, auf dessen Gelände der Übergriff stattgefunden haben soll, war klar: So wie es die Redakteurin im Zeugenstand versichert hatte, konnte es nicht gewesen sein. Man sieht ein Gerangel, am Ende liegt der Kameramann auf dem Boden. Von Tritten gegen seinen Körper und den Kopf sieht man hingegen nichts, die aber wollte die Zeugin definitiv beobachtet haben. Von den Ermittlungen gegen sie hatte die Frau erst erfahren, als sie in diesem Prozess nun erneut hätte aussagen sollen. Sie berief sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht, das ihr zusteht, weil sie Gefahr laufen würde, sich selbst zu belasten. Bereits im ersten Prozess im Frühjahr hatte der Richter eingeräumt: Ein Zusammenhang zwischen der Tat und der schweren Folge der jahrelangen Arbeitsunfähigkeit des Kameramannes sei für die Kammer nicht erkennbar.
Das Selbstbewusstsein der Angeklagten scheint er damit für diesen Prozess befeuert zu haben: Sie melden sich ungefragt zu Wort und missachten damit, dass die Verhandlungsführung beim Richter liegt. Der muss auch die Verteidiger immer wieder bremsen, um sie daran zu erinnern, wer wem das Rederecht erteilt.
Schon im Frühjahr war die Atmosphäre im Saal aufgeheizt, das Ganze gipfelte dann am vergangenen Verhandlungstag darin, dass der Richter wegen Unpünktlichkeit der Angeklagten einen Haftbefehl erließ, den er später zurückzog. Juristisch läuft der Fall auch an anderer Stelle weiter: Es gibt Ermittlungen gegen den Inhaber des Autohauses. Von Staatsanwalt Wolf-Tilman Baumert war dazu zu hören: „Gegenstand des noch laufenden Verfahrens sind auch erhebliche steuerstrafrechtliche Verstöße.“
Das Sat.1-Team war damals zu dem Autohaus nach Wuppertal gereist, um eine „Abzock-Masche“ zu dokumentieren. Der waren zuvor etliche Autoverkäufer zum Opfer gefallen. Sie sollen ihre Gebrauchtwagen verkauft haben und nach dem Abschluss des Kaufvertrages auf angeblich verschwiegende Mängel hingewiesen worden sein, um den Preis nachträglich zu drücken. Die Verkäufer sollen unter Druck gesetzt worden sein, unter anderem auch mit der Androhung von Schadensersatzklagen wegen vermeintlich falscher Angaben.