Türkische Partnerstadt Arbeitsbesuch in Kirsehir

Remscheid · Drei Jahre lang war keine Remscheider Delegation mehr in die türkische Partnerstadt gereist. Nun war es wieder so weit.

 Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (l.) und Superintendent Hartmut Demski waren zusammen im türkischen Kirsehir.

Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (l.) und Superintendent Hartmut Demski waren zusammen im türkischen Kirsehir.

Foto: Cristina Segovia-Buendia

Für einen dialogreichen Arbeitsbesuch reisten Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz und Superintendent Hartmut Demski, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins Remscheid-Kirsehir, vergangene Woche für zwei Tage in die ostanatolische Stadt. Angestrebt werde eine stärkere partnerschaftliche Verbindung, trotz – oder gerade wegen – der politischen Lage in der Türkei und der augenscheinlichen gesellschaftlichen Zerrissenheit in Deutschland.

Drei Jahre lang war keine Remscheider Delegation mehr in die türkische Partnerstadt gereist. Im vergangenen Jahr musste die Reise zweimal wegen der politischen Unruhen in der Türkei verschoben und schließlich komplett abgesagt werden. In diesem Jahr zeichnete sich aufgrund terminlicher Engpässe beim Remscheider Oberbürgermeister eine weitere Absage ab. Doch dem Stadtoberhaupt war es wichtig, „zumindest auf einer Arbeitsebene die Repräsentanten beider Partnerstädte wieder zusammenzubringen.“

Mast-Weisz berichtete von „perfekten Gastgebern“ und einer sich im Wachstum befindlichen Stadt (112.000 Einwohner in 2008 gegenüber 138.000 in 2018). „Kirsehir ist eine Boom-Stadt mit vielen Neubauten, vielen Hochhäusern.“ Auch die Universität vor Ort (27.000 Studierende) habe sich am Rande der Stadt mit einem großen Campus weiterentwickelt. Beim Besuch des türkischen IHK-Präsidenten äußerte dieser den Wunsch nach einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit der beiden Partnerstädte.

Bei ihrem Arbeitsbesuch wurden aber nicht nur Gastgeschenke ausgetauscht, sondern auch viele kritische Themen – mit Bezug auf die Situation in der Türkei – angesprochen. Etwa die politische Lage, der Ausnahmezustand und die damit verbundenen Inhaftierungen waren Inhalte der zahlreichen Gespräche zwischen Demski, Mast-Weisz und dessen Amtskollegen Yaşar Bahçeci. „Wir haben die Themen offen ansprechen können, ohne abgebügelt zu werden“, berichtete Demski, der das ehrliche Verhältnis als einen Fortschritt für die Städtepartnerschaft empfand.

„Natürlich hat Yaşar Bahçeci uns nicht recht gegeben“, stellte der Superintendent gestern klar, „aber er hat aus seiner Sicht argumentiert, warum die Regierung so handeln musste.“ Bahçeci habe zwar wenig Verständnis für die Kritik an Präsident Erdogan gezeigt, „aber trotz unserer kritischen Fragen ging die Offenheit und Herzlichkeit des Gesprächs nie verloren“, lobte Mast-Weisz, der sich daran erinnerte, mit welchen „Aufgaben“ er vor seiner Abreise von einigen Ratsmitgliedern versehen worden war: „Sich hier im Ratssaal darüber zu echauffieren, was in der Türkei passiert, kann jeder. Doch trotzdem dahin zu fahren und seine Bedenken vor Ort zu äußern, finde ich wirkungsvoller.“ Auch in diesen Situationen im Gespräch zu bleiben, sei hilfreicher als den Kontakt vollends abzubrechen, sagte Demski.

Sowohl Demski als auch Mast-Weisz finden es wichtig, die städtepartnerschaftliche Verbindung in die Türkei aufrechtzuerhalten und zu stärken. „Damit unterstützen wir nicht die Regierung dort, sondern fördern den Kontakt mit den Menschen vor Ort. Das ist auch unseren türkischstämmigen Bürgern in Remscheid sehr wichtig.“ Dieser Austausch sei auch in Anbetracht der aufkommenden Zerrissenheit deutsch-türkischer Mitbürger wichtig. „Das Thema Özil tauchte dort beispielsweise immer wieder auf“, berichtete Demski. Dass es eine emotionale und eine rationale Heimat gebe, werde bei türkischen Mitbürgern als Zerrissenheit wahrgenommen. „Wir müssen in der Lage sein, Heimat so zu definieren, dass man mit beiden Ländern, Herz und Kopf, leben kann“, sagte Mast-Weisz.

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