Remscheid Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig

Remscheid · Ein 24-Jähriger steht wegen Kindesmisshandlung vor Gericht. Er beschuldigt die mitangeklagte Mutter.

 Ein 24-jähriger Remscheider (hinten, li.) muss sich wegen Kindesmisshandlung verantworten. Mitangeklagt ist die Mutter (vorne, li.).

Ein 24-jähriger Remscheider (hinten, li.) muss sich wegen Kindesmisshandlung verantworten. Mitangeklagt ist die Mutter (vorne, li.).

Foto: Sabine Maguire

Seit gestern hat sich ein 24-jähriger Remscheider wegen Kindesmisshandlung vor dem Wuppertaler Landgericht zu verantworten. Der Mann soll am 9. September des vergangenen Jahres den damals dreijährigen Sohn seiner Lebensgefährtin mit erheblicher Wucht entweder auf den Boden oder an die Wand geworfen und dadurch lebensgefährlich verletzt haben. Das Kind hatte eine Gehirnblutung erlitten und musste bei geöffneter Schädeldecke notoperiert werden.

 Ein 24-jähriger Remscheider (hinten, li.) muss sich wegen Kindesmisshandlung verantworten. Mitangeklagt ist die Mutter (vorne, li.).

Ein 24-jähriger Remscheider (hinten, li.) muss sich wegen Kindesmisshandlung verantworten. Mitangeklagt ist die Mutter (vorne, li.).

Foto: Maguire

Mitangeklagt ist die Mutter des Jungen, weil sie keine Hilfe geholt und die Gewaltanwendung nicht verhindert haben soll, obwohl sie gewusst habe, dass ihr Lebensgefährte gegenüber ihrem Sohn bereits in der Vergangenheit zu erheblicher Aggression neigte. Der Fall hatte damals hohe Wellen geschlagen, der Angeklagte sitzt seither in Untersuchungshaft.

Gestern nun herrschte am Ende des ersten Verhandlungstages vor allem eines: Sprachlosigkeit und Entsetzen. Nicht nur deshalb, weil nach Verlesung der Anklageschrift klar war, dass die schweren Verletzungen des kleinen Max (4) zu bleibenden Behinderungen geführt haben und der Junge nicht mehr sprechen kann. Sondern auch, weil sich die Mutter und deren Lebensgefährte die Schuld daran nun gegenseitig in die Schuhe schoben. Schien bislang klar zu sein, dass der Lebensgefährte der Mutter das Kind misshandelt haben soll, so stritt der nun alles vehement ab.

Er sei damals erst ins Kinderzimmer geeilt, als er einen Schrei und ein Poltern gehört habe. Dort habe er dann seine damalige Lebensgefährtin mit erhobenen Händen neben ihrem reglos am Boden liegenden Kind vorgefunden. Er selbst sei anfangs davon ausgegangen, dass der Junge zum wiederholten Male einen Krampfanfall gehabt habe. Seine Lebensgefährtin habe stumm neben dem Kind gestanden und nichts gesagt. Er habe dann seinen Vater anrufen wollen, der bei der Feuerwehr arbeite - und nachdem er diesen nicht erreichen konnte, habe er den Jungen in die stabile Seitenlage gedreht und den Notarzt alarmiert.

Zuvor allerdings hatte die Mutter des Vierjährigen dem Gericht eine ganz andere Geschichte erzählt. Demnach sei es ihr Freund gewesen, der den Jungen über Monate hinweg misshandelt habe. Immer wieder habe er das Kind grob an die Wand gedrückt und auf den Boden geworfen. Mehrmals habe er Max beinahe eine halbe Stunde in der Badewanne mit kaltem Wasser sitzen lassen. Das Kind habe sich daraufhin nicht mehr bewegen können und irgendwann auch nicht mehr geschrien, sondern nur noch gezittert. Habe der Junge nicht aufessen wollen, habe ihr Freund ihm den vollen Teller ins Gesicht gedrückt. Außerdem habe er ihr und auch ihrem Sohn ins Gesicht gespuckt. Sie habe dazwischen gehen und ihrem Kind helfen wollen. Ihr Lebensgefährte habe das aber verhindert, ihr das Handy weggenommen und ihr dazu noch Gewalt angedroht.

Das Gericht wird nun mittels umfangreicher Zeugenaussagen zu klären haben, wer dem Jungen die schweren Verletzungen zugefügt hat. Dass sie nicht einfach nur von einem Sturz herrühren können, scheint klar zu sein. "Einer von Ihnen beiden muss es gewesen sein", stellte der Vorsitzende Richter an die Angeklagten gewandt klar.

Zuvor war öffentlich geworden, dass Nachbarn sich schon im Vorfeld der Tat beim Jugendamt gemeldet haben sollen. Mehrmals sollen sie wegen lautstarker Streitereien an der Wohnungstür der Mutter geklingelt haben. Auch eine Inobhutnahme des Kindes soll es gegeben haben. Damals war der mit dem Jungen in einer Mutter-Kind-Gruppe lebenden 21-Jährigen vorgeworfen worden, einen Treppensturz nicht verhindert zu haben. Ein Gericht hatte entschieden, dass der Sohn zu seiner Mutter zurückkehren könne. "Ich habe seither Angst vor dem Jugendamt", sagte die Mutter.

(magu)
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