MOERS Multi-Kulti-Rebellen mit viel (Selbst)Ironie

MOERS · Das Ensemble „Rebell Comedy“ hat das 42. Comedy Arts Festival eröffnet – mit Bravour. Insgesamt sieben Künstler gaben sich in der Enni-Eventhalle förmlich die Klinke in die Hand.

 Puyan Yavari, genannt Pu, gehört zum „Rebell Comedy“- Ensemble.

Puyan Yavari, genannt Pu, gehört zum „Rebell Comedy“- Ensemble.

Foto: Dieker, Klaus (kdi)

   Es war ein Auftakt nach Maß: Ein fast volles Haus, ein großartig (selbst)ironisch agierendes Comedy-Ensemble auf der Bühne und eine perfekt dazu passende von überall herkommende Community im Saal. Das alles freute natürlich den scheidenden künstlerischen Leiter Holger Ehrich am Donnerstagabend in der Enni-Eventhalle anlässlich der Eröffnung seiner letzten Ausgabe des Internationalen Comedy Arts Festival Moers.

Comedy am Fließband – so oder so ähnlich ging es auf der Bühne zu. Insgesamt sieben Künstler gaben sich förmlich die Klinke in die Hand, darunter verbleibend oder immer wieder neu auftretend DJ Wati an den Turntables, bekannt auch unter dem Namen Kaveh Ghanawatian, und der Tausendsassa Khalid Bounouar als Gastgeber und Publikumsplauderer.

Während Wati schon vor Beginn des zweistündigen Abends mit lauten, fetten HipHop- und Rap-Beats das Publikum anheizte, nutzte Bounouar seine Vor-, Zwischen- und Abmoderationen, um die Klasse auch seiner eigenen Stand-Up-Comedy unter Beweis zu stellen.

Mit lustigen Zuschauergesprächen und Kommentaren unterhielt er das Publikum mit vorder- bis hintergründigen Themen, stets leicht und spielerisch wirkend, ganz vorzüglich. Zum Beispiel mit Hassan, der als Türke in einer Ausländerbehörde arbeitet („Noch bin ich hier, aber vielleicht nicht mehr lange.“).

Nebensächlich, von ihm aber durchaus beabsichtigt, setzte er immer wieder kleine Botschaften ab: So zum Beispiel die Information, das die Veranstaltungsbesucher ganz unterschiedlicher Nationalität seien und offensichtlich viel Spaß miteinander haben, egal ob sie nun aus Moers, Duisburg, Dortmund oder Hannover kommen und Türke beziehungsweise Kurde, Albaner, Grieche, Libanese, Tunesier oder Marokkaner seien.

Nach und nach traten im Laufe der Show dann noch fünf weitere Crew-Mitglieder der Comedians auf: Puyan Yavari, genannt Pu, Hani Siam, Babak Ghassim, Salim Samatou und zuletzt Benaissa Lamroubal. Alle Künstler des 2007 gegründeten „Rebell“-Ensembles haben zwar einen Migrationshintergrund, der auch Teil ihrer Auftritte ist, aber niemals zu deren zentralen Bestandteil wird.

Der Schlussauftritt gehörte Captain Marokko, der „Rebell“-Legende Benaissa Lamroubal. Der in Nador in Marokko geborene und in Neuss aufgewachsene Comedian gehört zur „verlorenen“ zweiten Generation der Migranten. Ihn, aber auch schon seinen in den 1970er Jahren nach Deutschland eingewanderten Vater, beschäftige die Frage: Was ist Rassismus? („Nur ein einziger Buchstabe verändert ein Nogger(eis) zum Nigger(schimpfwort.“).

Mit welchen Namen und Begriffen er so alles beleidigt wurde, habe er sich einmal aufgeschrieben, sagte Benaissa Lamroubal: „Neger, Bimbo, Kanake, Alibaba, Molukke, Kameltreiber, Kümmelhändler …. Doch das sind nicht einmal die schlimmsten. Seit 2015/2016 höre ich zunehmend ganz andere Wörter, gepaart mit Hass und Wut.“

So ist das Moerser Humor-Festival durchaus auch ein Nachdenk-Festival. Denn wie sagte einst schon die Commedia-dell‘arte-Theaterfrau Franca Rame: „Beim Lachen öffnet sich nicht nur der Mund, sondern auch das Gehirn“.

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