Ratingen Zwischen Orgelwelten und Glockenklang

Ratingen · In St. Peter und Paul ist jedes Konzert während des Organistivals eine musikalische Praline. Doch das nächste - am Samstag, 28. Juni - ist, blumig gesagt, eine wahre Pralinenschachtel voller Köstlichkeiten. Es gibt gleich zwei Konzerte unter Dach und Turm, dazu eins vor dem romanischen Eingangsportal der Kirche.

Alles zusammen ist unter dem Namen "Glockenklänge" so terminiert, dass die Veranstaltung selbst von ganz harten Fußballfans kein Opfer verlangt: Der Abend ist nämlich der einzige spiel- und damit übertragungsfreie im aktuellen Fußball-Weltmeisterschaftsprogramm. Am Vorabend des Patronatsfestes der Heiligen Petrus und Paulus gibt es ein britisch-französisches Doppel: Thomas Trotter, weltweit gefeierter Townhall-Organist von Birmingham, und Pierre Pincemaille, Improvisationslegende aus Paris, werden zwei klangvolle Programme - britisch-humorvoll und mit französischer Grandeur - rund um das Thema "Glockenklänge" präsentieren. Sie tun das bei der siebten Ratinger Orgelnacht, die nach einer Pause von vier Jahren wieder einmal stattfindet.

Thomas Trotter zählt zu den angesehensten britischen Musikerpersönlichkeiten. Als Solist trat er mit den Dirigenten Sir Simon Rattle, Bernard Haitink, Riccardo Chailly, Sir Charles Mackerras und vielen anderen auf. Regelmäßig erhält er Anfragen, um auf bedeutenden historischen Instrumenten zu spielen. Außerdem ist Thomas Trotter ist Gast bei den Festivals von Salzburg, Berlin, Wien, Edinburgh und den Londoner "Proms". Als erster Organist überhaupt wurde er 2001 von der Royal Philharmonic Society als bester Instrumentalist ausgezeichnet. Als Nachfolger von Sir George Thalben-Ball wurde er in Birmingham 1983 City Organist. Seit 1987 ist Pierre Pincemaille, gern gesehener Gast in Ratingen, Titularorganist an der Orgel der Basilika Saint-Denis bei Paris, in der sich die erste große Orgel (1841) des französischen Orgelbaumeisters Aristide Cavaillé-Coll befindet. Pincemaille ist Professor der Konservatorien von Lyon, Saint-Maur und Saint-Germain-en-Laye. Daneben tritt er weltweit als Organist auf und machte zahlreiche Einspielungen, unter anderem der zehn Orgelsinfonien von Charles-Marie Widor und der gesamten Orgelwerke von Pierre Cochereau und Maurice Duruflé.

Zu den hochkarätigen Solisten der Ratinger Orgelnacht gesellt sich nun Gijsbert Kok, Organist und Stadt-Carilloneur von Den Haag. Er rückt mit einem Tieflader an, auf den 61 Bronzeglocken mit einem Gesamtgewicht von über zehn Tonnen montiert sind.

Gijsbert Kok wiederum ist Schüler von Ansgar Wallenhorst. Seinen Auftritt gibt es dann zwischen den beiden Indoor-Orgelkonzerten live und wohl erstmalig in Ratingen, von einem mobilen Carillon gespielt, auf dem Kirchplatz. Von dort werden Ratinger Markt und Altstadt mit holländisch-flämischem Flair und besonderen Klängen illuminiert.

Das Instrument selbst ist nicht selbsterklärend, zumal es per Lkw an den Ort des Konzerts gebracht werden muss. Ein Carillon ist eigentlich ein spielbares, großes Glockenspiel, das sich typischerweise in einem Turm oder einem eigens errichteten Bauwerk befindet und am häufigsten in Belgien, den Niederlanden und Nordfrankreich verbreitet ist. Es besteht aus Glocken, die mittels einer Klaviatur durch einen Spieler oder mechanisch gespielt werden können. Die konzertante Spielbarkeit unterscheidet es allerdings von der Spieluhr-Form des Glockenspiels.

Das Event im Freien und die beiden Konzerte in St. Peter und Paul werden den Samstag von 20 bis nach 23 Uhr erfüllen. Es versteht sich im Zusammenhang mit dem Ort und dem Veranstalter Musica Sacra fast von selbst, dass Brot und Wein in feinster Form gereicht werden; grundsätzlich ist der Konzertabend ohne Eintrittsgeld zu genießen. Doch Spenden können zur Kostendeckung beitragen.

(gaha)
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