Wohnen in Ratingen Wohnraum knapp – Gewerbe steht leer

Ratingen · Kann die Stadt Ratingen Büros in Wohnraum verwandeln, um der Wohnungsknappheit zu begegnen? Eine Umnutzung ist grundsätzlich möglich, aber nicht überall und nur unter bestimmten Voraussetzungen.

 Erst im Jahr 2017 wurde das Bürogebäude in Ratingen Ost fertiggestellt, das die Firma SAP als Niederlassung nutzt. Bis heute stehen hier Büroflächen leer.

Erst im Jahr 2017 wurde das Bürogebäude in Ratingen Ost fertiggestellt, das die Firma SAP als Niederlassung nutzt. Bis heute stehen hier Büroflächen leer.

Foto: Achim Blazy (abz)

Wer auf der Internetseite der Ratinger Wirtschaftsförderung stöbert, findet rund 50.000 Quadratmeter Bürofläche in Preiskategorien von 5,50 Euro bis 12,80 Euro pro Quadratmeter verteilt über alle Stadtteile, für die Mieter gesucht werden. Demgegenüber sind viele Bürger auf der Suche nach Wohnraum, der nicht das monatliche Budget sprengt.

Ein weiterer Aspekt taucht bereits am Horizont auf. Bedingt durch die Corona-Pandemie arbeiten mehr und mehr Mitarbeiter im Homeoffice und nutzen ihre Büros nicht. Bei einigen Unternehmen setzt bereits ein Umdenken ein. Sie fragen sich: Müssen wir in Zukunft überhaupt noch eine so große Quadratmeterzahl für die Mitarbeiter vorhalten oder können die Räumlichkeiten verkleinert werden, wenn ein flexibles Nutzungsmodell (zwei Tage Homeoffice, drei Tage Präsenz) greift.

Corona findet bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Ratingen noch keinen Niederschlag: „Corona macht sich beim Leerstand von Büroimmobilien nicht so stark bemerkbar wie man denken könnte“, so die Wirtschaftsförderung auf Nachfrage. „Wegen der meist sehr langen Mietverträge ist aktuell kein signifikanter Leerstand zu verzeichnen. Neuvermietungen hingegen sind schwieriger, da eine große Unsicherheit herrscht. Entscheidungen werden vertagt und auf die Zeit nach Corona verschoben, insbesondere bei großen Büroflächen“, so die Erfahrungswerte. „Kleine Büroflächen hingegen erfreuen sich einer größeren Nachfrage. Es kann heute noch keine Prognose abgegeben werden, wie viele Mitarbeiter nach Corona im Homeoffice verbleiben und – damit verbunden – ob dauerhaft weniger Büroflächen genutzt oder angemietet werden.“

Das Planungsamt hat sich bereits mit dem Thema „Wohnen in Gewerbe“ beschäftigt. „Grundsätzlich ist dies möglich, jedoch nicht immer und überall im Stadtgebiet. Für die Umnutzung – also den Umbau von Nicht-Wohngebäuden oder Gewerbeimmobilien zu Wohnraum – gibt es bauordnungs-, bauplanungs- oder öffentlich-rechtlich ein paar Dinge, die zu beachten sind“, so das Amt.

„Wenn ein Büroraum zukünftig als Wohnung genutzt werden soll, liegt auf jeden Fall eine sogenannte Nutzungsänderung vor, die bei der Bauordnung zu beantragen ist“, klären die Mitarbeiter des Planungsamtes auf. Planungsrechtlich komme es darauf an, ob im fraglichen Gebiet eine Wohnnutzung überhaupt zulässig ist. Aufschluss darüber gibt das Baugesetzbuch (Paragraf 29 folgende im Baugesetzbuch).

„Es gibt im Planungsrecht Bereiche, in denen Wohnen komplett ausgeschlossen ist und auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden kann“, so die Verwaltung. Hier sei nur über die Änderung des Ortsrechts (Bebauungsplan) eine Wohnnutzung möglich. In einem klassische Gewerbe- oder Industriegebiet dürfe nur Betriebspersonal wie der Hausmeister wohnen.

Es gebe aber auch Mischgebiete, in denen eine Umnutzung durchaus genehmigt werden könne – „solange das Wohnen dann nicht den gesamten Gebietstyp verändert“, so die Verwaltung. Dies passiert, wenn die Wohnnutzung in der Menge so dominant wird, dass die vom Gesetzgeber her vorgesehene Ausgeglichenheit zwischen Wohnen und Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, nicht mehr gegeben ist. Wenn also bereits viele Wohnungen im Gebiet genehmigt wurden, könne es passieren, dass die aktuelle Umnutzung nicht mehr möglich ist.

Zusätzlich müssen zu einer Umnutzung technische Voraussetzung erfüllt sein. „Abgesehen von den in den Wohnbaugesetzen festgelegten Mindestanforderungen legt der Gesetzgeber noch weitere Bedingungen für die Nutzbarkeit einer Wohnung fest. So müssen Wände, Decken und Böden ausreichend gegen Feuchtigkeit, Wärmeverlust und Lärm schützen und ordentlich verputzt, verkleidet und gestrichen sein. Auch müssen Wohngebäude den aktuellen Wärmeschutzvorschriften entsprechen, die sich von Nicht-Wohngebäuden unterscheiden“, erklärt das Planungsamt der Stadt Ratingen.

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