Lintorf Wie Umwege ins Klassenzimmer führen

Lintorf · Jörg Schomburg hat umgesattelt: Der Betriebswirt und Marketing-Experte ist Klassenlehrer eines ersten Schuljahrs.

 Jörg Schomburg tauschte einen Marketing-Job am Rechner gegen die Arbeit mit den Kindern in seiner Klasse an der Melchior-Grundschule.

Jörg Schomburg tauschte einen Marketing-Job am Rechner gegen die Arbeit mit den Kindern in seiner Klasse an der Melchior-Grundschule.

Foto: A. Blazy

Männliche Lehrkräfte hinter einem Pult in einer Grundschule sind in der heutigen Zeit ein eher seltener Anblick. "Ich denke, dass in vielen Köpfen der Menschen noch das klassische - aber nicht ganz richtige - Rollendenken vorherrscht, dass Frauen eben besser mit Kindern umgehen können, vor allem mit den jüngeren. Und zum anderen gehört Grundschullehrer sicher nicht zum bestbezahltesten Job, Männer denken da in der Regel eher karriereorientierter", begründet Jörg Schomburg dieses Phänomen. Er hat sich bewusst gegen eine Karriere in der freien Wirtschaft entschieden, da er lieber mit Kindern arbeitet.

"Es macht viel Spaß zu sehen, wie sie alles wie ein Schwamm aufsaugen und sich entwickeln. Schon in der kurzen Zeit nach den Sommerferien haben sie große Fortschritte gemacht. Wenn man das beobachten kann, weiß man, wofür man arbeitet. Ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen", sagte der 34-jährige Lehrer.

Nach seinem Abitur und der Absolvierung des Zivildienstes hatte er sich zunächst für ein duales Studium mit Fachrichtung BWL entschieden und nach erfolgreichem Abschluss die Stelle eines Projektmanager im Online-Marketing einer großen Bekleidungshauskette angenommen. Doch nach zwei Jahren hatte er festgestellt, dass es nicht seine Welt sei, von morgens bis abends im Büro zu sitzen. "Ich habe mich dann an meine Zivildienstzeit zurückerinnert, als ich Integrationshelfer an einer Grundschule war. Die Arbeit mit den behinderten Kindern war sehr dankbar. Sie gaben mir unheimlich viel zurück, wie sie mit Freude und Eifer dabei waren und mitarbeiteten. Da stand mein Entschluss fest, in diesem Berufsfeld weiter zu arbeiten", erzählte Schomburg.

Einige Bekannte haben diese Entscheidung belächelt und es gab auch nicht viel Mitkommilitonen beim Studium auf Lehramt, die wie er den Schwerpunkt auf Grundschule gelegt hatten. Doch das störte ihn nicht im Geringsten. Nach seiner Referendariatzeit in einer Grundschule in Düsseldorf hatte er sich auf mehrere Stellen im Umfeld beworben und sich nach kurzer Bedenkzeit aufgrund des guten Schulklimas für die Johann-Peter-Melchior Grundschule in Lintorf entschieden. "Die Kinder sind glücklich und fühlen sich wohl in ihrem Lernumfeld. Hier arbeiten alle Hand in Hand und gerade mir als 'Neuen' half und hilft das natürlich ungemein. Auch die gute mediale Ausstattung hatte mir imponiert", erklärte er.

Schulleiterin Marlene Stuckart begrüßt die männliche Verstärkung an ihrer Schule. "Männliche Lehrer und Kollegen sind eine Bereicherung im Schulleben, denn die Welt besteht aus Männern und Frauen. Deshalb brauchen die Kinder kompetente weibliche und männliche Vorbilder, um ihre Rolle im Leben zu finden. Männer gehen oftmals gelassener an Probleme heran, Frauen sind häufig sensibler. Kinder brauchen Lehrer und Lehrerinnen um zu sehen, dass es verschiedene Arten gibt, mit Themen umzugehen. Auch in Konferenzen und Besprechungen ist es gewinnbringend, wenn beide Geschlechter mit ihrer unterschiedlichen Sicht der Dinge vertreten sind", sagte sie.

(mvk)
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