Ratingen Wie Ratingen West die Stadtgeschichte prägt
Ratingen · Ab sofort ist die neu gestaltete Dauerausstellung der Ratinger Stadtgeschichte im Museum zu sehen. Im Blickpunkt steht der Aufbau des Stadtteils West.
Die erfreuliche Mitteilung des Museums ist noch nicht alt - und schon lebt die Geschichte weiter. Denn gegenwärtig wird an dem Zeitabschnitt gebastelt, der sich mit Ratingen West beschäftigt. Museumsleiterin Dr. Alexandra König beabsichtigt, einige wenige Exponate hinzuzufügen und hat auch schon Denkwürdiges gefunden. "In der stadtgeschichtlichen Abteilung ist Ratingen West natürlich auch ein Thema. Bisher wird es mit historischen Fotos aus der Bauzeit, der 1970er Jahre, illustriert", erklärt sie. Und: "Das wollen wir durch Objekte erweitern und dabei sind wir auf den Schmuck gestoßen, den die Schüler aus den Fassaden-Elementen gefertigt haben".
Es dreht sich um einige Halsketten - um Lederriemchen mit aufgefädelten, bunten Aluminiumstücken - die vor einem Jahrzehnt aus den Fassadenplatten der so genannten Papageienhäuser von emsiger Schülerhand gefertigt worden sind. Damals hatte sich der SoWi-Kursus des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums daran gemacht, aus Teilen der gelben, orangen und roten Aluplatten, die den Häusern vorgehängt waren, die Ketten zu fertigen. Es gab auch Broschen, Armbänder, Ohrringe, alle mit einem Zertifikat versehen, das ihnen "Original 70ies Piece of Papageienhaus" attestierte.
Die Aktion hatte das Ziel, das positive Image des Stadtteils West zu stärken. Thema des SoWi-Kurses 10 war nämlich nach Schulprogramm der Stadtteil selbst. "Der Unterricht bleibt aber nicht nur Theorie, sondern die Schüler jedes Jahrgangs setzen theoretisch Gelerntes in die Praxis um", erklärte damals Kursleiter Heiner van Schwamen. Und damit war es nicht getan: In diesem konkreten Fall sollen die Einnahmen einem Projekt zur Bekämpfung von Armut im Stadtteil zu Gute kommen.
So hatten die Schüler in Absprache mit der LEG erreicht, dass ihnen über die Abbruchfirma Teile der alten Gebäudefassade zur Verfügung gestellt wurden. Der Löwenanteil des wertvollen Rohstoffs gelangte natürlich nicht in Schülerhand.
Die stadtgeschichtliche Ausstellung im Museum lebt von be-greifbaren Beispielen, soll aber natürlich nicht zugemüllt werden. Während die Ketten nun eher zierlich sind, schwebt der Museumsleiterin zur Erklärung des Interieurs der Papageienhäuser doch noch das eine oder andere Accessoire vor. Vielleicht gibt es ja noch ein Dreirädchen, so schnittig wie das auf dem Foto, oder ein anderes Spielzeug aus den frühen 70er Jahren, das im Museum seinen Platz für die Ewigkeit fände. Telefon-Kontakt zum Museum Ratingen: 550-4181.
Als West entstand und viele Wohnungssuchende aus Ratingen und Düsseldorf hier endlich eine Bleibe fanden, schlug die Architektur-Poesie Purzelbäume. So heißt es in einem Informationsblatt, das sich auf die Häuser bezieht: "Die Architektur hat zu neuen Ausdrucksformen gefunden. Sie macht aus kühnen Ideen Realität. Ersetzt Monotonie durch Lebendigkeit.
Und schafft damit eine Umwelt, die freundlicher ist, human und attraktiv zugleich".
Das Objekt 'Scheibenhäuser Ratingen' ist ein Beispiel. Es zeigt, wie man Fassaden komponiert, mit Farbe Akzente setzt, Großflächen auflöst in ein kontrastreiches, dekoratives Bild. Die bunten Farben schließlich, die den kieselgrauen Häusern schließlich zur Überhöhung eingebrannt wurden - das heißt, den entsprechenden Aluminiumplatten - hießen chromgelb, reinorange, feuerrot und kastanienbraun.
Nun hat der Alltag den damals so genannten Scheibenhäusern gleich eine liebenswürdigere andere Bezeichnung gegeben, die inzwischen - seitdem Energiefragen noch vor Schönheit kommen - noch einmal verändert wurde. Inzwischen gibt es in der Nachfolge die "Wolkenhäuser".