Heiligenhaus Wie der Club die Zeit der Leere bestens nutzt

Heiligenhaus · Im Club bleibt die Tür zu, nur am vergangenen Wochenende kamen lokale Bands: Sie spielten Geisterkonzerte für die Online-Gemeinde. Die Videos hierzu werden nun portioniert (zwei pro Woche) ins Netz gestellt.

 Da geht was: Club-Chefin Edelgard Eichberg streicht die Türen, Mitarbeiter Hardy Bäcker in Hintergrund ist auch beschäftigt.

Da geht was: Club-Chefin Edelgard Eichberg streicht die Türen, Mitarbeiter Hardy Bäcker in Hintergrund ist auch beschäftigt.

Foto: Blazy, Achim (abz)

„Der Club in Heiligenhaus steht eigentlich für offenen Türen und für die vielen Menschen, die das Haus nutzen. Dass das gerade nicht mehr so ist, das macht uns traurig.“ Ungewohnt still sei es jetzt im Haus an der Hülsbecker Straße, findet Edelgard Eichberg: „Das Leben fehlt hier.“

Die ersten Wochen nach der Schließung habe sich das noch wie Sommerferien angefühlt, sagt die Chefin des Clubs, der Rhythmus habe sich nun verändert. Es wird an allen Ecken und Enden renoviert: Türen lackiert, Wände gestrichen oder abgerissen, es wird aufgeräumt, auch in den Adresskarteien. Keine Kurse, kein Spieltreff, keine Flohmärkte, keine Konzerte … Moment! So ganz ohne Musik hat man es hier dann doch nicht ausgehalten und so gab es in der letzten Woche wieder echte „Club-Atmosphäre“ im Haus, denn innerhalb weniger Wochen wurde hier die Idee der „Stripped Down Sessions“ umgesetzt: Insgesamt 25 Musiker aus der Region, die sich am Freitag und Samstag – unter Einhaltung der gegebenen Abstandsregelungen - insgesamt 14 Auftrittsslots von jeweils einer Stunde auf der Clubbühne teilten, die großen Verstärker ausgeschaltet ließen und ohne Publikum vor der Bühne, dafür aber vor der Kamera spielten. Entstanden sind 14 professionell abgemischte und qualitativ hochwertig produzierte Videos, in denen die Musiker natürlich ihre Musik in den Fokus rücken, in denen sie sich aber auch mit Antworten auf fünf Fragen selbst vorstellen. „Ab Anfang kommender Woche werden dann zwei Videos pro Woche im Internet veröffentlicht“, erklärt Hady Bäcker, der Musik-Verantwortliche im Team des Clubs. Zu finden sind die Videos dann auf den Seiten vom Club, dessen Facebook-Seite, auf Youtube oder auf Neandeticket.de. Bäcker ist bereits seit drei Jahren für die erfolgreiche RockME-Konzertreihe im Club zuständig und hat nun mit der Idee der Video-Reihe voll ins Schwarze getroffen; nicht nur im Rathaus, aus dem es zügig eine Genehmigung brauchte: „Innerhalb von 48 Stunden waren Bands für alle Auftrittsslots gefunden und mindestens acht weitere Bands standen auf der Warteliste, und das nur nach ein paar Anrufen oder Textnachrichten.“ Die Bedingung: Es durften höchstens zwei Musiker der Bands ins Haus und auf die Bühne mit eigenem Equipment und die Setliste musste innerhalb von knapp zehn Tagen stehen.“ Eine Herausforderung: Virtuell zu erleben gibt es dann bereits bekannte Vertreter aber auch Geheimtipps aus dem Singer/Songwriter-Bereich, dem Folkrock, dem Blues, sowie aus dem Deutschrock, dem Alternative oder dem Progressive Rock und deren Musik in Unplugged-Manier ohne Verstärker und Verzerrung – von 17 Jahren bis über 60. Und statt klassischer Rockstar-Attitüde sehr disziplinierte Musiker. „Nicht nur einige Stimmen, zum Teil mit hohem Wiedererkennungswert werden die Leute bestimmt überraschen. Es ist generell der beeindruckend, was für eine musikalische Qualität hier in der Region zu finden ist. Da sind sehr gute Leute bei“, schwärmt Bäcker. Gage habe es zwar nicht gegeben, dafür gibt es das Videomaterial, das sie zum Beispiel bei Wettbewerben einreichen können. „Sie waren dankbar, überhaupt auftreten zu können. Wenn auch so Mancher von dem fehlenden Publikum vielleicht ein bisschen irritiert war, aber alle haben das souverän gemacht“, sagt Eichberg. Sie und Bäcker freuen sich, leidenschaftlichen und talentierten Musikern überhaupt eine Bühne bieten zu können, damit die für sich Werbung machen können. „Die freie Wirtschaft kann sich das nicht mehr leisten.“ Eine Wiederholung, vielleicht nach den Sommerferien wäre denkbar, sagt Eichberg, „am liebsten wären uns aber die Konzerte im Haus, mit Publikum und dem richtigen Club-Gefühl. Bis dahin wünsche ich mir, dass wir mit den Online-Konzerten die schwere Zeit vielleicht ein bisschen erträglicher zu machen.“ Die Konzert-Mitschnitte gibt es ab Anfang nächster Woche, jeweils zwei pro Woche auf www.derclubheiligenhaus.de, dessen Facebook-Seite oder www.neanderticket.de.

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