Ratingen Versprechen halten

Düsseldorf · Interview mit den Vorsitzenden des Jugendrats: Jan van Schwamen und Susi Engelmann sprechen über Erfolge ihres Gremiums und Nöte der Jugend in Ratingen.

Fühlt sich der Jugendrat angemessen wahrgenommen von Politik und Stadt?

Jan: Sicherlich! Die Verwaltung unterstützt uns sehr gut. Zum einen natürlich durch die Mitarbeiter des Jugendamts, zum anderen tragen Verwaltung und Politik Themen an den Jugendrat heran. Man kann sagen, dass wir zu allen jugendrelevanten Themen gehört werden und wir haben wirklich das Gefühl, dass unsere Meinung auch ernst genommen wird. Zum Beispiel kommen jedes Mal zu unseren großen Sitzungen Vertreter aus den Parteien, Vertreter der Verwaltung und weitere Gäste. Negative Erfahrungen sind dann eher Einzelfälle.

Welches sind die obersten Anliegen des Gremiums?

Susi: Ich denke, dass es uns erstmal darum geht, die Jugendlichen in Ratingen zu vertreten und uns für ihre Wünsche und Belange in der Politik einzusetzen. Sei es die Verbesserung einer Skateranlage oder die Umgestaltung eines Spielplatzes…

Jan: ...aber wir organisieren auch Sportnächte, School‘s Out Partys oder sind bei der Vorbereitung für die große Veranstaltung an Altweiber auf dem Marktplatz dabei.

Susi: Das ist die eine Seite, das Vergnügen wie die School‘s Out Partys etc., aber die andere Seite ist natürlich auch Politik. Wir haben das Rederecht im Jugendhilfeausschuss, das wir häufig nutzen, und sind regelmäßig bei den großen Sitzungen des Rates dabei, wenn es um jugendrelevante Dinge geht.

Welches waren bisher die größten Verdienste/Erfolge des Jugendrats?

Susi: In früheren Legislaturperioden war dies zunächst der Status eines offiziellen Gremiums der Stadt, den der Jugendrat erhalten hat, mit Rederecht, Auskunftsrecht der Verwaltung und so weiter.

Jan: Der aktuellste Erfolg des Jugendrats ist die Optimierung der Discoline DL1. Wir haben erreicht, dass Jugendliche nun auch noch nach der zweiten Runde nach Hause nach Tiefenbroich und Ratingen West kommen.

Susi: Weitere Erfolge sind sicherlich auch unsere School‘s Out Partys in der Manege und unsere große Altweiberveranstaltung am Marktplatz, die durch die Kooperation von Jugendamt, Polizei, Ordnungsamt und Jugendrat jetzt unproblematisch und in guter Stimmung verläuft. Und nicht zu vergessen: Vom 9. bis 10. September fand der "Workshop unter Palmen" in Herne statt, wo sich alle Kinder- und Jugendräte aus NRW zum Austausch getroffen haben.

Jan: Dort hat sich auch der "Kinder- und Jugendrat NRW" gegründet, in dem wir nun auch Mitglied sind.

Seit Jahren diskutieren Politik und Stadt über neue Freizeit-Alternativen für die Ratinger Jugendlichen. Passiert ist bisher nicht viel, oder?

Susi: Es fehlt einfach an Freizeitmöglichkeiten. Es suchen zum Beispiel viele Bands oder freie Theatergruppen Proberäume. Aus eigener Erfahrung kann ich außerdem sagen, dass wir abends mal eine preisgünstige Weggehmöglichkeit gebrauchen könnten.

Jan: Gut wäre hier der Lo(c)kschuppen, der als soziokulturelle Begegnungsstätte all diese Punkte vereinen würde.

Sehen Sie eine Zukunft für das Projekt Lo(c)kschuppen?

Jan: Erstmal muss ich sagen, dass ich sehr enttäuscht bin von dem augenblicklichen Verfahren. Der Rat der Stadt hat ja mit großer Mehrheit beschlossen, das Projekt auf den Weg zu bringen, und wir können nicht verstehen, dass da trotzdem nichts zu passieren scheint.

Susi: Wir können in der Beziehung nicht pessimistisch sein, weil es doch nicht sein kann, dass ein Ratsbeschluss nicht umgesetzt wird. Das Projekt ist viel zu wichtig, um es jetzt aufzugeben. Für Jugendliche ist der Lo(c)kschuppen momentan das wichtigste Anliegen überhaupt. Um es krass zu formulieren: Gebrochene Versprechen fördern Politikverdrossenheit. Ich will die Vorwürfe dann nicht mehr hören.

Haben die Organisatoren der Underground-Party der Sache einen Gefallen getan?

Jan: Das ist schwer zu sagen. Positiv ist sicherlich, dass das Projekt wieder im Gespräch ist. Über die Art und Weise der geplanten Party muss sich, glaube ich, jeder selbst seine Meinung bilden.

Stichwort Jugendkulturjahr: In welche Planungen und Projekte ist der Jugendrat eingebunden?

Jan: Wir haben bis jetzt einige Anträge gestellt. Ein Antrag ist zum Beispiel eine Lesung an schrägen Orten. Wir möchten einen namhaften Autor nach Ratingen holen, der aus seinem Buch vorliest, um uns Jugendlichen den Weg zur Kultur zu öffnen. Solch eine Lesung soll an schrägen Orten, wie zum Beispiel einem Park- oder Treppenhaus, stattfinden. Wir denken, dass so eine Idee das Interesse der Jugendlichen weckt, da es etwas Innovatives und Verrücktes ist.

Susi: Desweiteren wollen wir einen Stadtplan für Jugendliche erstellen, der alle wichtigen Punkte für Jugendliche aufzeigen soll. Dann gibt es noch die Idee einer größeren Party im Rahmen des Jugendkulturjahrs.

Jan: Wir waren grundsätzlich an allen Planungen beteiligt.

Zum Schluss ein Gedankenspiel: Ab morgen gibt es keinen Jugendrat mehr in Ratingen. Was ändert sich in der Stadt?

Susi (lacht): Die Erwachsenen beschließen nur noch ihre Themen, der Lo(c)kschuppen wird abgerissen, Skateranlagen werden zu kinderfreien Zonen, aus Jugendzentren werden Heimatmuseen. — Aber mal Spaß beiseite: Die Jugend hätte dann keine Stimme mehr. Ich denke, die Politik würde dann weniger unsere Belange berücksichtigen.

Jan: Ohne uns geht es nicht! Um es mit einem schönen Zitat zu sagen: "Wir sind gekommen, um die anderen Helden abzumelden!"

Regina Hartleb stellte die Fragen.

(RP)
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