Heiligenhaus/Wuppertal Missbrauch: Anderthalb Jahre auf Bewährung

WUPPERTAL/HEILIGENHAUS · Bis zum Schluss hatte der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten bestritten. Er habe weder seine damals fünfjährige Nichte sexuell missbraucht, noch habe er Sex mit seiner zum vermeintlichen Tatzeitpunkt knapp 14 Jahre alten Schwägerin gehabt.

Beide Taten liegen etliche Jahre zurück – die Opfer sind heute 12 und 26 Jahre alt, beide waren in den Zeugenstand geladen worden.

Die Ältere der beiden erinnerte sich dort an einen Tag, an dem sie der Angeklagte per SMS darum gebeten haben soll, ihm beim Umzug aus seiner Wohnung in Heiligenhaus zu helfen. Dabei soll es nach Annäherungen zum Sex gekommen sein – allerdings einvernehmlich und der Angeklagte habe auch damit aufgehört, nachdem sie ihn darum gebeten habe. Aus Sicht des Gerichts gab es nichts, das dafür gesprochen hätte, dass es sich um vom Angeklagten gewaltsam erzwungenen Geschlechtsverkehr gehandelt haben könnte. Allerdings habe der das Vertrauen der noch Minderjährigen ausgenutzt – und das in einer für das Mädchen schwierigen Lebensphase. Dafür verhängte die Kammer wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in minderschwerem Fall eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Von zwei weiteren, ihm vorgeworfenen Taten zu Lasten seiner damals fünfjährigen Nichte wurde der 39-Jährige hingegen freigesprochen. Das Mädchen hatte zwar im Zeugenstand ausgesagt, allerdings habe es dabei aus Sicht der Kammer zu viele Unstimmigkeiten gegeben. Auch eine psychiatrische Gutachterin war zuvor zu der Ansicht gelangt, dass die Aussage der mittlerweile 12-Jährigen nicht geeignet sei, um den Angeklagten zu überführen. Das Opfer hatte verweigert, sich von der Gutachterin zur Tat befragen zu lassen. „Damit ist nicht gesagt, dass Sie die Tat nicht begangen haben“, wandte sich der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung an den Angeklagten.

Der hatte bereits zum Prozessauftakt beteuert, zum Opfer eines innerfamiliären Komplotts geworden zu sein. Die Mutter des Mädchens sei die ehemalige Frau seines Bruders, mit der er selbst kurzzeitig eine intime Beziehung gehabt habe. Als die Frau mehr von ihm gewollt und er das abgelehnt habe, hätte nur wenige Tage später die Anzeige im Briefkasten gelegen. Seit beinahe drei Jahren lebe er als alleinerziehender Vater eines Sohnes nun schon mit diesem über ihm schwebenden Damoklesschwert des Gerichtsverfahrens. „Man lernt keine Frau kennen und stumpft ab“, beschrieb er vor der Urteilsverkündung seine Seelenlage. Sein Sohn sei ihm im Laufe der Ermittlungen für zwei Wochen weggenommen und woanders untergebracht worden. Der Verteidiger des Angeklagten hatte zuvor einen Freispruch für seinen Mandanten gefordert. „Es gab Zweifel daran, dass sich die erzählte Geschichte in dieser Weise zugetragen haben kann“, so Rechtsanwalt Markus Heinen zum Missbrauch des noch minderjährigen Mädchens. Dass sein Mandant von den Missbrauchsvorwürfen an der zum Tatzeitpunkt Fünfjährigen bereits im Prozessverlauf freigesprochen worden war, begrüßte Heinen. Das Problem derartiger Anklagen sei, dass es keine Zeugen für die Tat gebe. Letztlich könne ein solcher Freispruch nur aus Mangel an Beweisen erfolgen. Es bleibe immer etwas hängen, auch wenn man unschuldig sei.

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