Heiligenhaus Torten, Suppen, Bütterken

Heiligenhaus · Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Stadt nicht gerade gepflastert ist mit Orten, wo Kaffeetrinken und familiäre Gemütlichkeit aufeinandertreffen. Genau dies ist also das Erfolgsrezept des gerade einmal 30 Quadratmeter kleinen, liebevoll dekorierten Cafés mit hölzernen Bistrostühlen und kleinen Tischen, in dem die Chefin Ute Gans und ihre Mitarbeiterin Maria Rothe eher selten mit "Sie" angesprochen werden.

Man kennt sich halt, sagen die beiden älteren Damen, die sich hier regelmäßig treffen, Malerei an den Wänden und handgefertigten Schmuck begutachten, auf die hausgemachten Kuchen und Torten schwören – Maracujatorte zu 2,40 Euro das Stück – und auch die Mittagshappen nicht verschmähen: Lecker Bütterken, nach Wunsch belegt (Originaltext Speisekarte), Bauernteller, Strammer Max, diverse Suppen und Baguettes.

Und erst das Frühstück, schwärmen die beiden, allem voran das so genannte Marktfrühstück: Rührei mit Speck und Körnerbrot, Camembert und Tomate für 4,20 Euro. Dazu noch ein Kännchen italienischen Kaffee (3,20 Euro), und der Tag kann beginnen. So schnell werden die Damen aber nicht weiterziehen – erstens haben sie Zeit und zweitens taucht hier ja immer mal wieder jemand für einen kleinen Schwatz auf. Ältere, die auf das griechische Olivenöl schwören, das an der Theke flaschenweise verkauft wird. Junge Leute, die über Politik diskutieren und gerne auch mal philosophisch werden. Rathaus-Mitarbeiter auf der Suche nach einem leckeren kleinen Mittagessen. Die Damen aus der Volkshochschule, die sich hier nach getaner Kursarbeit erquicken. Nicht zuletzt: Junge Mütter, die mal rauswollen, sich mit Gleichgesinnten austauschen, gelegentlich auch Erziehungsprobleme besprechen.

Heike Parnow beispielsweise, Ehefrau von Stadtwirtschaftsförderer Peter Parnow, nimmt am liebsten am Spiegeltisch Platz – jener Platz, von dem aus man den besten Blick auf Café und Straße hat, sagen die Stammkunden. Ihr Sohn Felix sei hier praktisch aufgewachsen, erzählt Parnow. "Nach dem Spaziergang mit Kinderwagen waren ich und meine Freundin, die auch ein Kind hat, immer froh, hier einkehren und in netter Atmosphäre etwas trinken zu können. 2007 wurde Felix geboren, genau so lange gibt es das Café schon." Selbst wenn die Café-Auswahl in Heiligenhaus größer wäre – hier würde sie immer wieder hingehen, sagt Heike Parnow.

Das trifft gewiss auch auf Margret (70) und Adolf (83) zu, die sich hier kennengelernt haben, seitdem ein Paar sind. Nach dem Tod seiner Frau ging Adolf, der nur um die Ecke wohnt, täglich ins "Kaffeeklatsch" – um nach dem Frühstück "einen kleinen Verstärker" zu trinken, wie der Wahl-Heiligenhauser, der aus Westfalen stammt, die Hausspezialität "Kaffee Klatsch" nennt – Milch mit Schaum und einem Espresso im Glas. Eines Tages habe Margret, ebenfalls Stammkundin, recht mutig gesagt: "Sie können sich auch gerne zu mir an den Tisch setzen" – so fangen Liebesgeschichten an, im Café gleich vor der Haustür. Nix wie hin!

(RP)
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