Ratingen Therapeutin hilft bei chronischen Schmerzen

RATINGEN · Gabriele Barnewitz kümmert sich in der Schmerzklinik innerhalb der Ratinger 360°-Klinik an der Rosenstraße um die Patienten.

 Gabriele Barnewitz versucht, ihre Patienten in ihrer Gesamtheit zu begreifen, erst dann kann sie helfen.

Gabriele Barnewitz versucht, ihre Patienten in ihrer Gesamtheit zu begreifen, erst dann kann sie helfen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

„Ich bin doch nicht bekloppt. Ich brauche keinen Therapeuten“. Kein seltener Satz, meist noch nicht einmal inhaltlich richtig. Solche Sprüche können Gabriele Barnewitz nicht vom Stuhl hauen – sie ist psychologische Psychotherapeutin und hat schon Patienten geholfen, die ihre Hilfsbedürftigkeit auf den ersten Blick niemals erkannt hatten. Die aber letztlich verstehen konnten, dass man ihnen sehr wohl helfen kann.

Neben allen Befindlichkeiten und Gründen, bei denen die Hilfe eines Therapeuten angesagt ist, wird oft vergessen, dass auch Patienten mit chronischen Schmerzen dringend eine fachliche Unterstützung brauchen können. In der Schmerzklinik innerhalb der Ratinger 360°-Klinik kümmert sie sich in einem multimodalen Programm – bestehend aus Schmerzbehandlung, körperlicher Aktivität und psychotherapeutischen Verfahren – um Männer und Frauen, die schon eine echte chronische Schmerzkarriere hinter sich haben und schleichend immer trauriger, depressiver geworden sind und irgendwie „die Kurve“ nicht mehr bekommen.

Wie kommt man auf die Idee, Therapeutin zu werden? Sicher muss man nicht selbst eine Macke haben. Gabriele Barnewitz zum Beispiel, vor 60 Jahren in Wittenberge – heute Mark Brandenburg – geboren, hatte schon als junge Frau Spaß daran, mit Menschen umzugehen. Also studierte sie ihren Beruf auf Diplom in Dresden und war unter anderem in  einer großen Suchtklinik beschäftigt.

Was man braucht, um in diesem Beruf auch für Patienten erfolgreich zu arbeiten, ist nicht wenig: Außer Sachverstand ist eine gehörige Portion Empathie erforderlich, ein eher ruhiges Wesen, die Bereitschaft zum Zuhören und den Willen, fremde Lebensgeschichten nicht mit nach Hause zu nehmen. All das bekommt Gabriele Barnewitz auf die Reihe. Und sie schafft es mit einem Humor, der streifenweise auch einem Berliner Taxifahrer gut zu Gesicht stünde. Nur – sie ist auf eine leicht spröde Art viel liebevoller.

Sie hat in ihrem Job gearbeitet und auch mal ohne ihren Beruf die Familie mit zwei Söhnen versorgt; das ist immerhin nicht übel, wenn man auch Patienten verstehen will, die nicht zu den extrovertierten gehören – sondern die eher still leidenden, die sich aus dem eigenen Blick verloren haben. Bei ihnen ist es nicht unwichtig, dass sie sich die Seelenpein als eigene Schuld anrechnen.

„Wir sind Produkt unserer Entwicklung“, sagt die Therapeutin. Und: „Erst dann, wenn ich den behandlungsbedürftigen Menschen in seiner Gesamtheit begreife und dann mit anderen Fachrichtungen darauf schaue, wie ihm zu helfen ist – erst dann kann ich ihm helfen, wenn er dann auch mitmacht.“

Das macht sie nun nicht allein in der Düsseldorfer Praxis Soljan, sondern auch in der Ratinger Klinik, macht Gruppensitzungen und Einzelgespräche. Beides kann bei einem kurzen Klinikaufenthalt dem Patienten sicherlich keine ad-hoc komplette Heilung eines schwerwiegenden Problems bringen, sondern dem Patienten einen Anstoß geben, ein Thema eigenverantwortlich anzugehen. Liebe zum Menschen hin – Interesse an seiner Heilung her: Wo bleibt die Therapeutin, damit sie sich nicht selbst verliert? Sie gräbt sich lesend und fernsehend tief in die Historie ein. Wenn sie über Mittelalter und noch weiter zurück liegende Zeiten erzählt, möchte man sich gleich mit ihr um die Altertümchen kümmern. Sie kann allerdings aus dem Stand wieder zu den Patienten umschwenken, die sie betrachtet, wenn sie sich in ihrem Schmerzempfinden verheddern. Sie hat das in unterschiedlichen Kliniken in Ostdeutschland getan, genau wie hier seit dem Jahr 2000, nach ihrer Übersiedlung nach Ratingen.

Wer ihr zuhört und seine (Schmerz)probleme in ihre Hand gibt, ist nicht bekloppt und muss auch nicht bekloppt sein. Allenfalls von neu erwachter Verantwortung für den eigenen Körper geleitet werden.

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