Heiligenhaus Stadt ohne Augenarzt: "Das ist ein Systemfehler"

Düsseldorf · "Ein Déjà-vu-Erlebnis" brachte die gestrige Berichterstattung in der RP über den Weggang der letzten Heiligenhauser Augenarztpraxis für Prof. Bruno W. Nikles mit sich. Der Ratinger Wissenschaftler lehrt Sozialplanung an der Uni Duisburg/Essen.

Er fühlte sich spontan erinnert an ein Vorhaben, das er vor annähernd 30 Jahren im Bereich der Stadt Mülheim betreute: "Auch damals ließen wir uns von der Kassenärztlichen Vereinigung über die Arztversorgung in der Stadt informieren – und zogen wie begossene Pudel wieder ab." Das habe am Ergebnis der Erkundung gelegen, das damals so ausfiel: Die Versorgung sei rechnerisch okay gewesen – nur eben die Praxisverteilung der Kassenärzte auf Zentrum und Außenbezirke nicht. Genau das ist Nikles seither ein Dorn im Auge. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem "Systemfehler in der Planung von Arztniederlassungen." Den Heiligenhauser Fall nennt er schlicht "eine Katastrophe". Mit Kritik hält der Sozialforscher nicht hinter dem Berg: "Es gibt in Deutschland kein privates Dienstleistungsgewerbe, das staatlich so stark abgesichert ist wie die Arztversorgung. Und wenn da gejammert wird, dann auf hohem Niveau."

Die Stadt sieht Nikles vor einer schwierigen Aufgabe. "Rechtlich hat eine Verwaltung überhaupt keine Handhabe." Andererseits sei sie in der Pflicht, optimale medizinische Versorgung für die Heiligenhauser zu fördern. "Es muss darüber nachgedacht werden, wie Liegenschaften gezielt auf die Belange medizinischer Versorgungsschwerpunkte zugeschnitten werden können. Mit solchen Angeboten ließe sich dann auch werben. Eine Gemeinde muss in den Kategorien der Sozialraumplanung denken. Aus dieser Perspektive sind Rechenmodelle der KV und der Verweis auf die Rechtslage kaum nachzuvollziehen."

Darüber hinaus sieht der Wissenschaftler eine Chance darin, "immer wieder auf Mitspracherecht zu pochen, also politischen Druck zu erzeugen".

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(RP)
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