Stadtporträt Ratingen - die Stadt im Speckgürtel

Der bezaubernde Marktplatz aus dem Mittelalter, die boomende Wirtschaft im Schatten der Landeshauptstadt und der hohe Freizeitwert mit einladender Idylle: Ratingens Visitenkarte ist zurzeit ein wahrer Trumpf im Vergleich mit anderen Städten aus dem Kreis Mettmann.

 Das Bürgerhaus.

Das Bürgerhaus.

Foto: Stadt Ratingen

Die Gewerbesteuer soll auch in diesem Jahr kräftig sprudeln. Knapp 100 Millionen Euro erwartet der Kämmerer nach gerade einmal 57 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Doch Vorsicht: Die Stadt hat Schulden, beträchtliche sogar. Im Haushaltsjahr 2005 stand die Kommune mit 141 Millionen Euro in der Kreide, bis 2008 soll der Schuldenstand gar auf 193 Millionen Euro wachsen. Dies mag den Ratinger Bürger zunächst nicht unmittelbar treffen, dennoch ist die Wirtschaftskraft der Stadt ein trügerischer Faktor. Ratingen hat nicht etwa ausgesorgt, und eine Finanzpolitik mit großzügiger Hand ist ganz und gar nicht angebracht.

 Fachwerkhäuser in der Lintorfer Straße.

Fachwerkhäuser in der Lintorfer Straße.

Foto: Stadt Ratingen

Die Bürger dieser Stadt verfolgen diese Entwicklung mit gebotener Vorsicht, sind in wirtschaftlich äußerst angespannten Zeiten jedoch froh, dass Ratingen Lebensqualität pur zu bieten hat. Der Marktplatz ist ein beeindruckendes Entrée mit altem Bürgerhaus, der dreischiffigen Basilika St. Peter und Paul sowie restaurierten Stadthäusern aus dem Mittelalter.

Die Stadt im breiten Speckgürtel ist wegen der guten Verkehrsanbindungen (Flughafen Düsseldorf und Autobahnnetz) interessant für Unternehmen wie den Kommunikationsriesen Vodafone mit mehr als 1000 Mitarbeitern, der damit auch größter Arbeitgeber ist. Laut Industrie- und Handelskammer (IHK) erwirtschaften die mehr als 32 000 Angestellten in den hier ansässigen Unternehmen einen Umsatz von über einer Milliarde Euro. Und die Kaufkraft der Ratinger liegt knapp ein Drittel über dem Bundesdurchschnitt.

Und nicht selten engagieren sich die Bürger intensiv in der Politik, beteiligen sich an Diskussionen und Projekten, die das Stadtbild verändern werden. Zurzeit gibt es eine Fehde mit Düsseldorf, das den alten Großknast Ulmer Höh' gern nach Ratingen schieben würde, um auf dem vakanten Gelände attraktiven Wohn- und Gewerberaum zu schaffen: Damit will sich Ratingens Bürgermeister Harald Birkenkamp nicht abgeben. Ein paar Milliönchen als Ausgleich sollten schon drin sein, sagt er, oder eben eine attraktive Ausgleichsfläche. Über allem schwebt die Frage: Warum soll der neue Knast ausgerechnet in der Dumeklemmer-Stadt entstehen? Da ist das letzte Wort noch gesprochen, und die Ratinger lassen sich ungern Daumenschrauben anlegen.

Den Spitznamen Dumeklemmer haben sie eh seit langem weg, denn laut Sage hatten Bürger dem heiligen Suitbertus den Daumen im Stadttor eingeklemmt, als dieser den damals noch heidnischen Ratingern das Christentum bringen wollte. Suitbertus wird sie böse verflucht haben: Alle Kinder sollten künftig mit einem platten Daumen zur Welt kommen. Das ist die Sage, die Wirklichkeit sieht beruhigenderweise ganz anders aus.

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