Persönlich Der Triathlon wird zum Hauptberuf

Ratingen · Zum Jahresende hört der 32-jährige Sven Wies als Geschäftsstellenleiter der SG Ratingen auf, um sich nun ganz darauf konzentrieren zu können, Profi zu werden. Nach dem großen Erfolg beim Ironman Hawaii ist der Entschluss mit der Familie gereift.

 Sven Wies (links) im Oktober beim Ironman Hawaii mit dem Sieger Jan Frodeno.

Sven Wies (links) im Oktober beim Ironman Hawaii mit dem Sieger Jan Frodeno.

Foto: Katharina Wies

Sven Wies sitzt am Frühstückstisch, als seine Frau Katharina ihn plötzlich fragt: „Und, machst du es?“ „Was machen?“ „Profi werden.“ Sven Wies überlegt kurz. „Nur, wenn du dahinter stehst.“ „Zu 100 Prozent“, erwidert Katharina Wies. „Da habe ich mich dann relativ schnell entschieden“, sagt Sven Wies im Gespräch mit unserer Redaktion. Er wird zum Jahresende seinen Job als Geschäftsstellenleiter des Handball-Regionalligisten SG Ratingen aufgeben und ab 2020 intensiv daran arbeiten, Triathlon-Profi zu werden, 2021 soll es dann so weit. sein. „Es weiß ja keiner, wie der Körper darauf reagiert, wenn man statt wöchentlich 15 Stunden nun 20 bis 30 Stunden trainiert und das auch noch über einen längeren Zeitraum. Deshalb haben wir uns entschieden, das nächste Jahr als Übergangsjahr zu nehmen, in dem ich zwar noch Amateur bin, aber schon wie ein Profi trainiere“, erklärt Sven Wies.

„Wir“ meint in diesem Fall ihn und seinen Trainer Sven Imhoff, mit dem er am Freitag den Fahrplan für das kommende Jahr abgestimmt hat. Für seinen Heimatverein Duisburger SV 98, bei dem er im Wasserball Bundesligaspieler geworden war und in dem er seit zwei Jahren die Triathlon-Abteilung mit aufbaut, wird er in der Verbandsliga starten. Hinzu kommen die Duathlon-Europameisterschaft im April in Alsdorf, die Deutsche Meisterschaft über die Sprintdistanz in Düsseldorf Anfang Juni, der Ironman 70.3 in seiner Heimatstadt Duisburg Ende August und – wenn es klappt – Ende Juni die Ironman-Europameisterschaft in Frankfurt. Die ist eigentlich schon ausverkauft, Wies hofft aber noch auf ein Ticket, um sich dort wieder für den Ironman Hawaii zu qualifizieren. Ansonsten müsste er das eine Woche vorher in Nizza probieren, was allerdings mit höheren Kosten verbunden ist.

Und auf die Finanzen muss der 32-Jährige jetzt achten, wenn er nur noch vom Sport leben will. „Ich habe zum Glück zwei Partner, einmal den DSV, der mich unterstützt, und noch einen anderen, von dem ich ein kleines monatliches Gehalt bekomme“, sagt Wies. Soll es mit der Profi-Werdung klappen, müsste da noch etwas hinzukommen, denn die Reisen zu den Wettkämpfen und Trainingslager sind teuer, zumal das Fahrrad einen Triathleten natürlich immer begleitet.

Das Vorhaben, es als Profi zu versuchen, begründete sich zum Einen in dem sensationellen Abschneiden im Oktober in Hawaii. Unter die besten Zehn seiner Altersklasse und die Top 100 insgesamt wollte Wies kommen, er wurde in 8:55:26 Stunden fünftbester seiner Altersklasse, 54. aller 2272 Teilnehmer und zehntbester Deutscher. „Dass der Abstand zu den Profis nicht so groß ist wie gedacht, hat mich überrascht und motiviert“, sagt Wies, der in diesem Jahr zum Duisburger Sportler des Jahres gekürt wurde. Ein anderer Grund, auf die Karte Profi setzen zu wollen, war ein sehr ernster – Krebs. Trainer Sven Imhoff erhielt die Diagnose, als der 40-Jährige gerade Vater geworden war und befindet sich nun in Behandlung. Dagegen ist Ralf Hecht, den Wies als Chef des Bistros „Kleiner Prinz“ als Partner der SG Ratingen kannte, in diesem Jahr an den Folgen seiner Krebserkrankung verstorben. „Beide Schicksalsschläge haben mir gezeigt, wie schnell sich das Leben verändern kann und dass man dankbar sein muss, wenn man gesund ist“, sagt Wies und ergänzt: „Und wenn man diese Möglichkeit hat, sollte man auch das machen, worauf man zu 100 Prozent Bock hat. Man denkt im Leben später immer an Dinge, die man nicht gemacht hat. Ich will nicht in zehn Jahren sagen müssen: Schade, dass ich es nicht als Profi versucht habe.“

Darum setzt Wies nun alles daran, dieses Ziel zu erreichen. Bei der SG Ratingen stieß er auf viel Verständnis, Geschäftsführer Bastian Schlierkamp versteht das Leistungssportprinzip hinter Wies’ Entscheidung und hat bereits einen Nachfolger gefunden: Nico Rymarczyk wird die Aufgaben als Geschäftsstellenleiter und Eventmanager übernehmen, der 23-Jährige befindet sich beim SG-Trägerverein Interaktiv im dritten Jahr seiner Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann. Nächste Woche Samstag wird Wies beim letzten Heimspiel der SG in diesem Jahr gegen den TV Köln-Wahn offiziell verabschiedet.

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