Fußball Sowas macht kein Kapitän

Fußball · In den vergangenen Tagen wurde auch auf den Ratinger Sportplätzen vor allem ein Thema diskutiert – das Werk des Literaten Philipp Lahm. Dabei fällt das Urteil seiner Kollegen Mannschaftsführer einhellig aus: Das geht gar nicht.

In den vergangenen Tagen wurde auch auf den Ratinger Sportplätzen vor allem ein Thema diskutiert — das Werk des Literaten Philipp Lahm. Dabei fällt das Urteil seiner Kollegen Mannschaftsführer einhellig aus: Das geht gar nicht.

Nun ist es raus. Montag landete das Buch "Der feine Unterschied" auf den Tischen der Buchhändler, wo es aber aufgrund der Nachfrage nicht lange liegen blieb. Zuvor hatte es bereits ein Boulevardblatt in Auszügen veröffentlicht und damit eine landesweite Diskussion entfacht.

Philipp Lahm, Mannschaftsführer der Fußball-Nationalmannschaft und des FC Bayern München, hat in seinem Buch Ex-Trainer wie Rudi Völler, Jürgen Klinsmann und Luis van Gaal kritisiert, aber auch Mitspieler. "Es gibt Dinge in unserem Geschäft, die gehören sich einfach nicht", hatte Völler sich den gar nicht so braven Bubi Lahm vorgeknöpft. Und Ex-Nationalspieler Thomas Strunz erklärte, dass ähnliche Veröffentlichungen von Lothar Matthäus dessen Autorität bei Mitspielern untergraben habe. Er sei menschlich unten durch, aber auf dem Platz weiter akzeptiert gewesen.

Aber wie beurteilen eigentlich die Spieler an der Basis die Veröffentlichungen von Philipp Lahm? Was sagen die Mannschaftsführer?

"Philipp Lahm ist ein super Fußballer, aber absolut kein Führungsspieler", meinte Patrick Fiedorra, langjähriger Kapitän des Fußball-Niederrheinligisten Ratingen. "Ob er Kapitän bleiben kann, müssen andere entscheiden, aber einen Teil seines Respekts hat er verloren, auch wenn die Spieler auf dem Platz zusammenhalten."

Mark Meijer trägt beim Landesligisten SSVg Heiligenhaus derzeit die Kapitänsbinde für den verletzten Hidayet Aydogan: "Als Kapitän sollte man sich vorbildlich verhalten. Lahm sollte Fußball spielen und nicht Bücher schreiben oder schreiben lassen."

Marc Rueber, Spielführer des Bezirksligisten SV Hösel, mahnt zu maßvoller Kritik: "Phillipp Lahm ist ein Weltklasseverteidiger, damit ganz wichtig für Bayern München und die Nationalmannschaft. Man darf ihn jetzt nicht verbrennen. Allerdings sollten alle die Aufgabe haben, ihm klar zu machen, dass er wichtige Grenzen deutlich überschritten hat. Lahm war schlecht beraten. Das muss ihm klar gemacht werden und dann sollte es auch gut sein."

Auch Stefan Kuckelkorn, Kapitän von Rot-Weiß Lintorf, würde ihm die Binde nicht wegnehmen: "Grundsätzlich darf jeder hier in Deutschland seine Meinung sagen. Es war aber unpassend, was Lahm von sich gab. Das hätte er nach seiner Laufbahn machen können. Als Kapitän absetzen würde ich ihn nicht und ich denke, so werden sich auch die Bayern, Jogie Löw und der DFB verhalten."

Klartext spricht Ercan Yasar, langjähriger Spielführer von Türkgücü Ratingen, und das fordert er auch vom Bundestrainer: "Jetzt, nach der langen Sommerpause, haben die Journalisten endlich wieder ein Thema. Lahm hat Scheiße gebaut. Man muss ihn zum Nachdenken zwingen, ihm ein Zeichen setzen, dass es der völlig falsche Weg war, den er gegangen ist. Allen voran Jogie Löw ist gefordert. Wenn Lahm mit seiner Form daneben lag, wurde es auch immer intern geklärt."

Die Vorbildfunktion unterstreicht Markus Bonnie, Mannschaftssprecher von Ratingen II: "Es ist mir völlig schnuppe, was da über Lahm geschrieben wird und was das Fernsehen alles zeigt. So denken auch die meisten aktiven Fußballer. Nur bin ich immer der Meinung, dass man als Fußballer Vorbild sein sollte. Egal, wo man spielt. Und vorbildlich war sein Verhalten wirklich nicht."

Dennis Justen, Mannschaftssprecher des ASV Tiefenbroich, hat die Konsequenzen für Trainer und Mitspieler im Blick: "Ich sehe das sehr kritisch, was Lahm sich geleistet hat. Heynckes und Löw müssen jetzt ganz vorsichtig sein, was sie sagen, was sie machen, wie sie sich bewegen. Sie müssen mit einem zweiten Teil eines Lahm-Buches rechnen. In zwei Jahren bietet sich für Lahm vielleicht neuer Stoff an, wenn man jetzt nicht eisern reagiert. Auch über ein Absetzen als Kapitän solllten Löw und Heynckes ernsthaft nachdenken."

(w-m)
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