Handball Bahn treibt die SG Ratingen an

Ratingen · Rückraumspieler Thomas Bahn steuert bei Handball-Regionalligist Abwehr und Umschaltspiel, würde aber gern mehr Verantwortung im Angriff übernehmen. Am Samstag kommt der TV Aldekerk, bei dem der 29-Jährige vor allem Julian Mumme in den Griff kriegen soll. Der Sozialpädagoge muss sonst eventuell zum Rektor.

 Thomas Bahn geht in der Regel aus der Abwehr mit dem Ball nach vorne – erst wenn diese Zweite Welle verpufft ist, muss er für Filip Lazarov (hinten rechts) im Angriff weichen.

Thomas Bahn geht in der Regel aus der Abwehr mit dem Ball nach vorne – erst wenn diese Zweite Welle verpufft ist, muss er für Filip Lazarov (hinten rechts) im Angriff weichen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Am Montag musste Thomas Bahn erst einmal zum Rapport: „Mein Schulleiter hat mich direkt ins Büro gerufen“, berichtet der 29-Jährige. Grund war aber nicht, dass der Rektor der Gesamtschule in Haan etwas an der Arbeit des Sozialpädagogen auszusetzen gehabt hätte, sondern das Handball-Ergebnis der SG Ratingen am vergangenen Samstag beim TV Korschenbroich. „Mein Schulleiter ist ehemaliger Handballer, darum verfolgt er das, und ich kriege relativ viel ab, wenn wir verlieren“, sagt der Rückraumspieler schmunzelnd. Und da der Jahresauftakt in der Regionalliga mit der 26:32-Niederlage beim TVK so gar nicht nach dem Geschmack der aufstiegswilligen SG lief, gab es den kurzfristigen Termin beim Rektor.

Seit rund einem Jahr ist Bahn in Ratingen, nach der Insolvenz der Rhein Vikings in der Zweiten Liga kam er zur SG. „Ich kannte unseren Kreisläufer Kai Funke noch aus unserer Neusser Zeit und habe schon während des Studiums für Interaktiv gearbeitet“, berichtet Bahn, der beim mit der SG verwobenen Verein ein Praxissemester absolviert hatte. „Da hat sich nach der Insolvenz der Vikings dann der Kreis geschlossen.“

Bahn wurde in Aachen geboren und zog für den Handball ins Rheinland: „Ich war sechs Jahre beim Neusser HV und irgendwann dann da der dienstälteste Spieler“, erinnert er sich. Zu der Zeit wohnte er auch in Neuss, nach seinem Studium arbeitete er in einer Hauptschule in Düsseldorf-Holthausen. In Haan betreut er nun Kinder, die Förderbedarf haben. „Zu Beginn meines Studiums wollte ich eigentlich eher in den Bereich Erlebnispädagogik und konnte mir nicht vorstellen, mit Kindern zu arbeiten“, sagt Bahn. „Aber dann war ich für Interaktiv an einer Grundschule in Erkrath und habe da die Arbeit mit Kindern schätzen gelernt.“

In Haan hat er in Alexander Oelze nicht nur einen ehemaligen und aktuellen Mitspieler, sondern auch einen Kollegen, der an einer Hauptschule als Vertretungslehrer tätig ist. „Natürlich verbringen wir auch mal Pausen zusammen und reden – häufig über Handball, klar“, berichtet Bahn, den aber nicht nur Oelze nicht mit „Thomas“ anspricht, sondern „Boris“ nennt. „Der Spitzname verfolgt mich seit der Jugend. Irgendwer fand halt, dass ich große Ähnlichkeit mit Boris Becker habe, und dann hat sich das durch sämtliche Handball- und Freundeskreise gezogen. Da ist man irgendwann im Zwiespalt, dass man nicht mehr weiß, wie man sich vorstellen soll“, sagt Bahn lachend. Immerhin: Seine Eltern nennen ihn noch Thomas.

Bei der SG hat er eine Sonderaufgabe: die Zweite Welle. Der Tempogegenstoß ist die Erste Welle im Handball, die Zweite geschieht zwar auch nach Ballgewinn, allerdings ist da bereits die gegnerische Abwehr dabei, sich zu formieren, während der Angriff mit Tempo kommt. Da ist Bahn der entscheidende Mann, aus dem Innenblock treibt er die SG nach vorne. Wenn das gut klappt, sind die Ratinger die Tormaschine der Liga, klappt es weniger gut, wie in Korschenbroich, wird es schwer. Ist die Zweite Welle vorbei, muss Bahn in der Regel Platz machen für Filip Lazarov im linken Rückraum. „Ich war früher auch ein sehr guter Angriffsspieler“, sagt Bahn, der in der Oberliga, als das noch die vierte Liga war, auch schon Torschützenkönig war und alle Rückraumpositionen bekleiden kann. „Mittlerweile spiele ich ganz gerne in der Zweiten Welle, ich glaube aber, dass ich gerade bei der SG noch mehr Verantwortung im Angriff übernehmen könnte. Wir haben da definitiv noch Potenzial.“

Bahns Hauptaugenmerk derzeit gilt der Abwehr. „Das macht mir Spaß, weil man die Spieler lesen muss: Wo sind ihre Stärken, wohin geht ihre beste Bewegung?“, erklärt der 1,96-Meter-Mann, der es am heutigen Samstag ab 18 Uhr beim TV Aldekerk vor allem mit Julian Mumme zu tun bekommen dürfte. „Er ist ein unheimlich guter Spieler, der sehr torgefährlich ist und seine Nebenleute extrem gut einsetzen kann. Das wird ein hartes Stück Arbeit für uns. Er ist für mich einer der besten Mittelmänner der Liga“, sagt Bahn.

Er weiß, was auf ihn zukommt und ergänzt ein Zitat eines früheren Trainers: „Der Angriff gewinnt die Meisterschaft, die Abwehr die Champions League.“ Warum gewinnt dann die SG mit dem besten Angriff nicht die Regionalliga? Bahn seufzt: „Gute Frage. Wenn ich das wüsste. Wir tun uns die ganze Saison schwer mit der Chancenverwertung und sind vorne oft zu statisch. Außerdem fehlt uns ein Linkshänder im Rückraum, wodurch wir einfacher auszurechnen sind.“ Klingt, als wüsste Bahn, woran die SG arbeiten muss, damit er nicht noch öfter zum Rapport beim Rektor muss.

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