Essay Facebook-Challenge (Teil 3) Werner macht den Sport lebendig

Ratingen · Seit 45 Jahren schreibt Werner Möller für die Rheinische Post über den Sport in seiner Heimatstadt Ratingen. Generationen von Sportlern kennen ihn und erinnern sich auch nach Jahren und aus der Ferne an ihn.

 Werner Möller mit seinen wichtigsten Grund-Utensilien: Papier und Stift. Der 73-Jährige schreibt seit ziemlich genau 45 Jahren für unsere Redaktion.

Werner Möller mit seinen wichtigsten Grund-Utensilien: Papier und Stift. Der 73-Jährige schreibt seit ziemlich genau 45 Jahren für unsere Redaktion.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Bei der Herausforderung auf dem sozialen Netzwerk Facebook, bei der Handballer alte Bilder zeigen, wurde in der Recherche zu dieser Essay-Serie schnell klar, dass es neben dem Sport ein verbindendes Element gibt: den Berichterstatter unserer Redaktion. Nahezu alle, mit denen ich nun wieder Kontakt hatte, erkundigten sich nach einem Mann: Werner Möller. Erfreulicherweise konnte ich zwei Dinge berichten: Ihm geht es gut, und er schreibt noch für uns. Damit endeten aber auch schon meine tieferen Kenntnisse über den Mann, den fast ausnahmslos alle Sportler in Ratingen, vor allem aber Hand- und Fußballer, kennen. Zeit, das zu ändern.

Werner wurde am 21. Juli 1946 geboren – im Lyzeum in Ratingen, der heutigen Liebfrauenschule. „So kurz nach dem Krieg waren ja alle Krankenhäuser zerbombt. Deswegen mussten die werdenden Mütter in der Schule entbinden. Alle meine Schulkameraden sind im Lyzeum geboren worden“, sagt Werner. Schon als kleiner Junge stellte sich bei ihm die Begeisterung für den Sport in seiner Heimatstadt ein, für den er später eine Institution und ein lebendes Archiv werden sollte. „Ich bin früher zum Sportplatz an der Kaiserswerther Straße gegangen – da standen die Leute sonntags Schlange vom Tor bis hoch zur Straße“, erinnert sich der heute 73-Jährige. So kurz nach dem Krieg war die Lust der Ratinger am Sport anscheinend besonders groß. „An der Kaiserswerther Straße wurde morgens Handball und nachmittags Fußball gespielt. Um 9 Uhr konnte ich noch nicht zur Handball-Reserve von Ratingen 04 gehen, weil ich in die Kirche musste, aber zur Ersten Mannschaft um 11 Uhr war ich dann da. Die Handballer haben in der Regionalliga gespielt, das war damals die Zweite Liga. Da waren immer 1000 Zuschauer da. Ab 13 Uhr ging es dann mit dem Fußball los, erst mit der Reserve, um 15 Uhr dann mit der ersten Mannschaft in der Kreisliga.“

Handballer zeigen alte Bilder bei Facebook
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Foto: Facebook/privat

Was anfangs ein Hobby war, wurde im Mai 1975 zu einem Beruf neben dem des gelernten Druckers. „Der Chef der RP in Ratingen war da Dr. Richard Baumann. Wir hatten damals gute Boxer in Ratingen, die hatten aber gar keine Betreuung in der Presse. Ich habe Dr. Baumann dann gefragt, warum da keiner drüber berichtet, und er sagte, er hätte niemanden dafür. Da habe ich ihm gesagt: ,Ich lege Ihnen eine Stunde nach den Kämpfen die Berichte vor.’ Das hat er erst nicht geglaubt, aber gesagt, ich soll es mal versuchen.“

Wer Werner kennt, weiß, dass seine Ansage keine Prahlerei war. „Ich hatte mir eine kleine Reisemaschine gekauft und konnte so direkt nach den Kämpfen schreiben. Eine Stunde später habe ich das Blatt Papier abgeben“, berichtet Werner. Ab da war er für den Sport zuständig. „Pierre-Claude Hohn und ich haben die Zeitung gemacht, er ist ab 18 Uhr noch nach Wuppertal gefahren und hat da die WZ zugemacht“, sagt Werner, der erst Ende der 80er einen vorgesetzten Sportredakteur bekam: Thomas Schulze kam, als der EC Ratingen in die 2. Eishockey-Bundesliga aufgestiegen war. „Ich habe Dr. Baumann gesagt, dass ich die Bundesliga zeitlich nicht schaffe. Ich war Drucker, wir hatten Schichtdienst, und bei Nachtschichten habe ich oft genug kein Bett gesehen. Dann kam Thomas“, erzählt Werner.

Was ihn neben seiner Geschwindigkeit und Belastbarkeit auszeichnet, ist seine technische Anpassungsfähigkeit. Anfangs wurde auf Schreibmaschine getippt, die Texte wurden mit der Straßenbahn zum Schadowplatz nach Düsseldorf gebracht, einmal um 18 und einmal um 21 Uhr, dort holte sie dann ein Motorradfahrer ab und brachte sie nach Heerdt zum Haupthaus der Rheinischen Post. Dort wurden die Texte von den Druckern in der Linotype-Maschine „gesetzt“. Das änderte sich mit der Einführung der Computer, und auch da entwickelten sich die Redaktionssysteme immer weiter – Werner konnte sie alle bedienen und hat auch heute keinerlei Probleme mit E-Mails, SMS oder WhatsApp.

Seit ziemlich genau 45 Jahren schreibt Werner für unsere Redaktion, manche sagen, er hätte „Storytelling erfunden“, andere hoffen, mit 73 auch nur annähernd so fit zu sein wie er. Er fährt viel Rad, vielleicht ist das eines der Geheimnisse. „Ich habe nicht einen Tag wegen Krankheit gefehlt. Nur in Urlaub bin ich gefahren, den habe ich aber immer ein halbes Jahr vorher eingereicht“, betont Werner. Im August 2006 verlor er seine Frau Margret, mit der er zwei Kinder hat, seit 2010 ist er mit Monika verheiratet, die drei Kinder mit in die Ehe brachte, gemeinsam haben sie vier Enkel. Sie alle müssen an den Wochenenden immer wieder auf Werner verzichten: Auch wenn er erst freitags aus Thailand zurückkehrt – samstags ist er schon wieder in einer Handballhalle und sonntags am Fußballplatz. Werner lebt für den Sport in Ratingen – und der Sport durch ihn.

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