Interview Georg Mantyk „Sport im Freien kann ja auch helfen“

Ratingen · In der Corona-Krise musste Organisator Georg Mantyk bereits drei Veranstaltugen absagen. Er hofft noch auf den Triathlon, den Firmenlauf hat er auf Anfang September verlegt. Mit „run4ratingen“ will er Unternehmen unterstützen.

 Organisator Georg Mantyk sprudelt über vor Ideen für seine Heimatstadt Ratingen und hofft, dass der Triathlon stattfinden kann.

Organisator Georg Mantyk sprudelt über vor Ideen für seine Heimatstadt Ratingen und hofft, dass der Triathlon stattfinden kann.

Foto: Achim Blazy

Seit rund 30 Jahren ist Georg Mantyk in der Leichtathletik, insbesondere im Triathlon aktiv. Die aktuellen Herausforderungen aufgrund der Coronavirus-Pandemie hat der 54-Jährige aber auch noch nicht erlebt. Der Organisator musste bereits das Landesfinale für „Jugend trainiert für Olympia“, das am 28. Mai in Ratingen stattfinden sollte, ebenso absagen wie den Schulsporttag „Swim&Run“ (23. Juni), den er mit dem Triathlon Team Ratingen 08 veranstaltet, und zuletzt den Zelt-Zeit-Seeuferlauf (31. Mai).

Wie geht es Ihnen?

Mantyk Na ja, das ist Jammern auf hohem Niveau – ich habe ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen, aber ansonsten ist es schon gerade ein richtiges Tohuwabohu.

Was ist schwieriger – ein Event organisieren oder es absagen?

Mantyk Ein Event zu organisieren hat viel mit Herzblut, Schweiß, Innovationen und Ideen zu tun, mit denen man sich auch von anderen Veranstaltern abheben will. Es gibt ja heute viele Events, was gut für den Sport ist, aber nicht alle sind gut durchdacht. Ein Sicherheitskonzept ist zum Beispiel in dieser Zeit nicht einfach. Wenn es nun darum geht, Veranstaltungen abzusagen: Man muss auch aus kaufmännischer Sicht Vernunft walten lassen. Natürlich ringt man mit sich, weil die Sportler ja zu dem Event wollen und darauf hintrainiert haben – deswegen zögert man so eine Entscheidung immer etwas heraus, bis man sie schweren Herzens treffen muss.

Am 13. September soll es den 12. Ratingen Triathlon im Angerbad geben. Wie sieht es damit aus?

Mantyk Ich hoffe noch, dass er stattfinden kann. Wenn ich aber lese, dass die Bäder in dieser Saison vielleicht gar nicht öffnen... Vielleicht machen wir dann einen Duathlon daraus. Aber die Frage ist ja auch: Wäre das überhaupt eine Großveranstaltung, die untersagt werden müsste, wie es derzeit bis 31. August der Fall ist? Ab welcher Größenordnung gilt es als Großveranstaltung? Und ist das Risiko mit 1000 Teilnehmern bei einem Triathlon genauso groß wie bei 500 Leuten, die in einem Zelt feiern?

Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko bei einem Triathlon überhaupt?

Mantyk Sehr gering. Im Wasser kann ja gar nichts passieren, das Chlor würde das Coronavirus vernichten. In der Wechselzone könnte man die Räder in 1,5 Metern Abstand aufstellen. Beim Laufen ist man ja auch nicht die ganze Zeit nebeneinander, beim Radfahren ohnehin nicht. Was man bedenken müsste, wäre etwa die Siegerehrung. Aber das ist ein eigenes Thema.

Inwiefern?

Mantyk Es gibt einige Großveranstaltungen, die abgesagt wurden, bei denen die gemeldeten Athleten das Startgeld wohl nicht zurückbekommen, weil die großen Ausrichter hohe Kosten durch Werbung oder festangestellte Mitarbeiter haben. Das möchte ich für unseren Triathlon nicht – falls nötig möchte ich allen das Startgeld komplett zurückzahlen. Deswegen müssen wir aber auch im Vorfeld schon Entscheidungen treffen: Muss ein Athlet nachher eine Medaille, einen Pokal oder ein Finisher-T-Shirt haben, oder ist er zufrieden damit, eine tolle Veranstaltung mit tollem Flair und schönen Strecken besucht zu haben?

Das ist also eine finanzielle Frage?

Mantyk Wir dürfen, wollen und können kein Minus machen, deswegen haben wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch keine Medaillen und so bestellt. Außerdem wollten wir ja erstmals den ganzen Triathlon mit sechs Kameras begleiten, damit die Leute auf der großen LED-Leinwand alles sehen können – das ist jetzt auch fraglich. Wir werden das acht Wochen vorher entscheiden, ob wir das finanzieren können oder nicht. Letztlich geht es vor allem darum, dass wir immer eine Veranstaltung mit Herz für die Athleten und Zuschauer haben wollen.

Wie sieht es mit dem Firmenlauf am 25. Juni aus?

Mantyk Ich habe ihn auf den 3. September verlegen können. Wir haben für den Firmenlauf eine Riesen-Anfrage von mehr als 100 teilweise sehr großen Firmen und Gruppen, und haben da schon 15.000 Euro investiert.

Zwei Tage vorher sollte es den zweiten Schulsporttag geben, aber der wurde abgesagt.

Mantyk Ja, und das ist auch die Veranstaltung, bei der mir das so richtig leid tut, ebenso wie für Jugend trainiert für Olympia. Wir hatten beim ersten Schulsporttag Swim&Run im vergangenen Jahr rund 400 Kinder da, die gesagt haben: Nächstes Jahr knacken wir die Teilnehmerzahl von 1000! Das ist jetzt alles weg.

Ebenso der Seeuferlauf am 31. Mai. Aber daraus haben Sie eine Idee entwickelt mit „run4ratingen“. Worum geht es da?

Mantyk Ich schreibe ja auch Trainingspläne für Triathleten – da bin ich derzeit aber mehr oder weniger arbeitslos. Die meisten fragen mich: Worauf soll ich hintrainieren? Da kam mir der Gedanke, einen virtuellen Lauf zu machen. Und dann gibt es viele andere, denen es sehr schlecht geht: Restaurants oder Messebauer und DJ’s, deren Veranstaltungen teilweise bis Mitte nächsten Jahres abgesagt wurden. Die haben teilweise für dieses Jahr überhaupt nichts mehr – da wird einem schon anders. Deswegen will ich das verbinden: einen virtuellen Lauf für den guten Zweck.

Wie funktioniert das?

Mantyk Wir werden Strecken anbieten von fünf Kilometer bis zu einem Marathon, den man über mehrere Tage absolvieren kann. Man kann auch Walken oder Nordic Walken – oder Spaziergehen oder bei einem Zwei-Beine-vier-Pfoten-Lauf mit dem Hund Gassi gehen. Völlig egal. Es geht um möglichst viele Anmeldungen für die gute Sache, man kann auch einfach teilnehmen, ohne zu laufen. Das Startgeld beträgt zehn Euro, von 50 Prozent davon kaufe ich dann Gutscheine bei Unternehmen aus Ratingen und der Region, die mit der Krise zu kämpfen haben, zum Beispiel in der Gastronomie. Das sind dann Gutscheine von 15 bis 20 Euro, je nachdem, wie viele sich anmelden. Unter allen Teilnehmern werden die Gutscheine nachher verlost, es ist also egal, ob ich einen Marathon gelaufen bin oder überhaupt nicht. Es geht nur darum, dass die Leute mitmachen und nach der Krise den Gutschein bei dem Unternehmen einlösen, um dann da vielleicht noch etwas mehr zu verzehren oder zu kaufen. Da haben die Unternehmen dann auch etwas von. Gerade in dieser Zeit müssen wir zusammenhalten.

Wie wird es technisch umgesetzt?

Mantyk Wir haben mehrere Challenges, die erste dauert vom 1. bis zum 17. Mai. In der Zeit soll man dann den Lauf, für den man sich angemeldet hat, absolviert haben. Alle werden auf einem Portal angemeldet und sind dann in einer Liste drin, unter diesen Startnummern findet die Verlosung der Gutscheine statt. Dann geht man mit einer Handy-App laufen und schickt mir danach einen Screenshot von Zeit, Datum und absolvierten Kilometern. Dafür gibt es dann eine Urkunde per Mail. Man kann auch Bilder von sich machen oder Videos, die wir in der Finisher-Galerie hochladen können.

Sie haben schon fünf Veranstaltungen in Ratingen. Was treibt Sie immer weiter an?

Mantyk Egal mit welcher Veranstaltung: Ich bin Dumeklemmer und möchte meine Stadt präsentieren, indem ich Leute von außerhalb hole, die dann feststellen, wie schön es hier ist – und dass es nicht Ruhrgebiet oder Düsseldorf ist. Ich habe noch viele Ideen für Ratingen in der Schublade – eine Langdistanz gibt es zum Beispiel in ganz NRW nicht mehr. Oder ein Mountainbike-Event – wir haben ja schöne Strecken hier. Erst einmal müssen wir aber die Corona-Krise überstehen, und da kann Sport im Freien ja auch helfen. Wenn man nur noch zu Hause bleiben muss, dreht man doch irgendwann am Rad.

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