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Fußball Kommt die Ticker-Pflicht im Amateurfußball?

Ratingen · Ab der neuen Saison sollen die Vereine freiwillig Live-Daten ihrer Spiele ins Internet stellen. In Bayern ist das bereits Pflicht.

 Jürgen Kotte vom SV Hösel ist skeptisch ob der Tickerpläne.

Jürgen Kotte vom SV Hösel ist skeptisch ob der Tickerpläne.

Foto: ar/abz

Ein Tor für die eigene Mannschaft, ein kurzer Jubel, dann aber direkt der Griff zum Smartphone - in Bayern zeigt sich dieses Bild mit der neuen Fußball-Saison auf den Plätzen der Amateurvereine. Von der fünften bis zur siebten Liga hat der Bayerische Fußballverband (BFV) die jeweilige Heimmannschaft dazu verpflichtet, alle relevanten Spielereignisse auf der Internetseite des Verbandes live zu tickern. Wer sich weigert oder kein "Personal" dafür findet, muss zahlen. 30 Euro pro Spiel. Die Empörung bei den Vereinen ist groß.

 04/19-Chef Jens Stieghorst begrüßt die Pläne des Fußball-Verbandes.

04/19-Chef Jens Stieghorst begrüßt die Pläne des Fußball-Verbandes.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Ein Modell, das jetzt aber auch der Fußballverband Niederrhein (FVN) einführt - allerdings in einer noch abgeschwächten Form. Auf fussball.de, der DFB-eigenen Plattform für den Amateurfußball, sollen die Vereine ihre Spiele mit Hilfe einer App live tickern. Zunächst freiwillig. "Keiner hat etwas davon, wenn die Vereine zahlen müssen", sagt Peter Hambüchen, der beim FVN für Medien, Kommunikation und Marketing zuständig ist. Die Einführung von Sanktionen scheint damit trotzdem nicht endgültig vom Tisch. Vielmehr scheint es so, als will sich der Verband eine Hintertür offenlassen. Man sei vom Produkt überzeugt, heißt es nur. Über mögliche Geldstrafen, falls die Vereine das Angebot nicht wie gewünscht wahrnehmen, wolle man sich nicht äußern.

 So sieht der Live-Ticker auf der offiziellen Verbandsseite aus - viel grafische Spielerei. Am Wochenende wurden vier Oberliga-Spiele getickert - der VfB Hilden war bislang noch nicht dabei.

So sieht der Live-Ticker auf der offiziellen Verbandsseite aus - viel grafische Spielerei. Am Wochenende wurden vier Oberliga-Spiele getickert - der VfB Hilden war bislang noch nicht dabei.

Foto: Schahidi

Und schon jetzt zeigt sich: Positive Reaktionen von Seiten der Vereine sind eher selten, die kritischen Stimmen überwiegen. Vor allem die kleinen Vereine werfen dem FVN einen fehlenden Blick über die Gesamtsituation vor. "Grundsätzlich ist das eine charmante Idee, aber wer soll das bitte neben den anderen vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten pflegen?", sagt Jürgen Kotte, der 1. Vorsitzende des Bezirksligisten SV Hösel. In die gleiche Richtung argumentiert auch Harry Frielingsdorf, der Vorsitzende vom Nachbarn und Ligakonkurrenten Rot-Weiß-Lintorf: "Es wird immer mehr, was wir Vereine zu bewältigen haben. Wir haben einfach niemanden, der sagt, ich hab die Zeit und kümmere mich darum. Es ist schon schwer genug, Leute für andere Dinge zu finden, die wirklich notwendig sind."

Mehr Zuspruch erhält der Verband dagegen vom Oberligisten Ratingen 04/19 - auch wenn sich die Verantwortlichen über die Einführung des Livetickers überrascht zeigten. "Das Ganze wurde uns drei Wochen vor Meisterschaftsbeginn mitgeteilt, daher ist es vermutlich auch erst einmal freiwillig", erklärt Ratingens Vorsitzender Jens Stieghorst, der das Projekt positiv bewertet. "Alles was dem Amateurfußball hilft, ist eine gute Sache."

Laut FVN sei das auch das Ziel. "Der Liveticker dient als Service für die Fans und die Vereine selbst", sagt der Kreisvorsitzende aus Düsseldorf, Bernd Biermann. Gleichzeitig verweist der Verband darauf, dass das eigene Angebot nicht als Konkurrenz zum Portal FuPa.net (ein Angebot von RP Online) zu sehen ist. Dort tragen Vereinsmitglieder oder Interessierte auf freiwilliger Basis zum Beispiel Informationen über den Kader ein oder bieten eben auch einen Liveticker an. "FuPa ist als Vorreiter zu sehen, dass eine Basis für die Fußballfamilie geschaffen hat. Wir haben jedoch gemerkt, dass wir diesen Bereich selber abdecken müssen und haben der Vollständigkeit halber eine eigene Plattform geschaffen", erklärt Hambüchen. Dennoch steht unterschwellig der Vorwurf im Raum, die Fußballverbände würden versuchen, kommerzielle Projekte durch die Einführung einer eigenen Ticker-Pflicht zu ersticken.

Noch steht das Projekt am Anfang, am Wochenende wurden in der Oberliga zum ersten Mal vier Spiele getickert. Dass das Tickern momentan nur mit einer Benutzerkennung möglich ist, ist einer von ein paar Stolpersteinen, die noch ausgebessert werden müssen. Die weitere Entwicklung wird ohnehin davon abhängen, für welchen Weg sich der FVN entscheidet. Wenn der Verband sein Wort hält und das Prinzip der Freiwilligkeit beibehält, dürfte die anfängliche Aufregung schnell verpuffen. Ein verpflichtender Liveticker wie in Bayern würde hingegen auch hier viele Fragen aufwerfen.

Zumal sich der DFB und damit auch seine Landesverbände mit der Imagekampagne "Unsere Amateure. Echte Profis" zum Ziel gesetzt hat, den Amateursport in Deutschland mit Hilfe von Plakaten, TV-Spots sowie Internetfilmen zu fördern. Ein verpflichtender Liveticker in Kombination mit einer Geldstrafe würde von den Vereinen daher sicherlich als Schritt in die falsche Richtung wahrgenommen werden.

(new)
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