Klotz’ Kardinalfehler

Analyse Nach guter Hinrunde ist Fußball-Verbandsligist Ratingen 04/19 eingebrochen und um ein Haar noch abgestiegen. Das mag überraschen, doch dafür gibt es handfeste, hausgemachte Gründe.

Die Ratinger haben ihr Saisonziel, den Klassenerhalt, erreicht. Allerdings wurde der anvisierte einstellige Tabellenplatz verfehlt. Die nackten Zahlen sind bezüglich des Saisonverlaufs überaus aussagekräftig. In der Hinrunde holte die Mannschaft 24 Punkte, kassierte nur elf Gegentore, blieb neunmal ohne Gegentor und verfügte über die zweitbeste Abwehr. In der Rückrunde kamen nur noch 14 Punkte hinzu, das Team kassierte aber 33 Gegentore, blieb nicht ein einziges Mal ohne Gegentor – nur die beiden Letzten Moers und Bocholt waren noch schlechter. Am Ende taumelten die Ratinger über die Saisonlinie – mit fünf Niederlagen in Folge oder lediglich sieben Punkten aus den letzten zwölf Spielen. Die Gründe:

Junge Mannschaft Je jünger die Spieler sind, desto größer sind die Leistungsschwankungen. Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren – Andre Schwartz war der einzige Akteur im Kader, der das 30. Lebensjahr vollendet hatte – war die Ratinger Mannschaft extrem jung. Trainer Bernd Klotz hatte ganz auf die Jugend gesetzt. Auch, weil er junge Spieler besser führen kann.

Preiswertes Team Bei der Zusammenstellung des Kaders setzte der Coach aber nicht nur auf die Jugend, sondern auch auf Talente aus den unteren Klassen. So kamen mit Zelles, Vural, El Hajjaj und Savanovic gleich vier Spieler aus der Bezirksliga. Piasecki, Theisen oder Sezgin Akyüz hatten wiederum bei höher spielenden Vereinen nur die Bank gedrückt.

Kettwiger Block Verbandsliga-Erfahrung brachte immerhin das Quintett mit, das vor der Saison vom FSV Kettwig kam. Die Hoffmann-Brüder, Rohpeter, Sperling und Schwartz sorgten für Qualität und Stabilität. Dass Trainer Bernd Klotz nicht konsequent auf diesen Block setzte, sondern ihn sprengte, war der Kardinalfehler.

Aderlass im Winter In der Winterpause haben zwei Stammspieler den Verein verlassen, ein dritter gedanklich. Stürmer Ergin Akyüz, nicht immer effektiv, aber ein ständiger Unruheherd in der gegnerischen Abwehr, musste aus gesundheitlichen Gründen die Fußballschuhe an den Nagel hängen. René Sperling wechselte zum VfB Hilden. Und Dennis Rossow ließ sich vom finanziellen Lockruf des SC West derart beeindrucken, dass er seitdem verletzt ist. Diesen Aderlass konnte der schwach besetzte Kader nicht kompensieren, zumal mit Thomas Galewski nur ein Spieler geholt wurde, dessen begrenztes Vermögen bekannt war.

Der Trainer Bernd Klotz war umstritten. Am Ende entging er einem Rauswurf, weil Radevormwald seine Mannschaft zurückzog und die Saison beendet ist. Das Training ist hervorragend, aber die zwischenmenschlichen Probleme sind mittelfristig kaum durchzustehen. Ein Beleg dafür ist nicht nur das Zerwürfnis zwischen dem Coach und Mittelfeldspieler Schwartz, sondern vor allem der Verschleiß der Co-Trainer. Ralf Hartick, Velimir Remus und Ingo Christ gingen. Dass Klotz aber wenige Tage vor dem Saisonende auch noch André Schulz, einen seiner größten Fürsprecher, beurlaubte, sorgte nur noch für Kopfschütteln.

(RP)
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