Tennis Kaiser besaitete Nadal die Schläger

Lintorf · René Kaiser, der seit 1997 im Lintorfer Tennisclub mit seinem Partner André Jethon eine vom Deutschen Tennis Bund anerkannte Tennisschule mit Besaitungsservice betreibt, arbeitete beim ATP-Turnier in Doha/Katar.

Seine Fingerkuppen wurden geschunden und sind noch heute lädiert. Die Hornhaut, die sich inzwischen gebildet hat, weist noch tiefe Risse auf. Das ATP-Turnier in Doha hat auch bei René Kaiser Spuren hinterlassen — vor allem aber im Herzen. "Es war eine tolle Erfahrung", sagt der Vize-Präsident des Verband Deutscher Tennislehrer (VDT), der im Vorstand für das Ressort Sport, Presse, Marketing und Werbung zuständig ist und auf Einladung des Premium-Partners Tecnifibre dem Team angehörte, das für den Besaitungs-Service zuständig war.

Die Einladung kam plötzlich, da durch die hohe Anzahl von Top-Ten-Spielern noch dringend ein qualifizierter Besaiter nachnominiert werden musste. "Es war zwar eine Ehre für mich, trotzdem habe ich um ein paar Tage Bedenkzeit gebeten", berichtet René Kaiser. Aus gutem Grund, denn der Abflug war für den 25. Dezember terminiert, so dass er Weihnachten und Silvester nicht mit seiner Frau Katharina und der Tochter Jolie-Marie feiern konnte, die auch noch am 29. Dezember ihren siebten Geburtstag hatte.

Dafür, dass die beiden zustimmten und ihm diese Tage und Erfahrungen ermöglichten, ist er ihnen überaus dankbar. "Es war eine Zeit, die ich nicht vergessen werde", sagt er. Auch wenn es alles andere als ein Zuckerschlecken war.

Beim ATP-Turnier in Doha waren gleich fünf Spieler der Top Ten am Start, obwohl es "nur" ein Turnier der 250er Kategorie ist. Aber die Scheichs hatten tief in die Tasche gegriffen und mit hohen Antrittsgeldern Rafael Nadal, David Ferrer, Andy Murray, Tomas Berdych und Richard Gasquet nach Katar gelockt, wo auch die beiden Deutschen Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer um wertvolle Weltranglistenpunkte kämpften.

Das Besaitungs-Team der französischen Firma Tecnifibre hatte ihre Maschinen in der Players Lounge aufgebaut. "Mittendrin statt nur dabei", sagt René Kaiser heute lächelnd. In den arbeitsreichen Tagen hat er rund 180 Schläger besaitet und dabei einiges erlebt. So kam er ins Schwitzen, als Gael Monfils kurzfristig drei Schläger haben wollte. Eine Viertelstunde hatte Kaiser pro Exemplar für die Arbeit Zeit, mit Vor- und Nachbehandlung 25 Minuten. "Da ist der Druck natürlich enorm, vor allem darf da kein Fehler passieren", berichtet er.

Aber auch Philipp Kohlschreiber machte viel Arbeit. Der Augsburger nutzte das Turnier nämlich, um vier neue Modelle auszuprobieren. Konsequent wechselte er nach sieben Spielen den Schläger. Übrigens spielen Profis immer mit dem gleichen Material, ob im Spiel oder im Training — es herrschen immer Wettkampfbedingungen.

Besonders beeindruckt hat René Kaiser der Weltranglistenerste Rafael Nadal. "Er ist top organisiert", sagt Kaiser, der einst in Köln Sport studiert hat. "Er brachte sechs Schläger vor jedem Spiel." Der Spanier spielt übrigens nur mit Polyester, was länger hält. Allerdings ist die Darmsaite wieder im Kommen, die nicht so schnell Elastizität einbüßt. Dass Nadal nur mit Polyester spielt, ist für Kaiser verständlich. "Darm beschleunigt zu schnell", erklärt er. "Es geht aber nicht um maximale Beschleunigung, sondern um optimale Beschleunigung."

René Kaiser muss es wissen, denn er ist einer von einer handvoll Besaitern in der Region Düsseldorf, der über eine rund 8000 Euro teuere Maschine von Tecnifibre verfügt, die die professionelle Besaitung der Schläger ermöglicht. Der 47 Jahre alte Kaiser, der seit 1997 beim Lintorfer TC als Tennislehrer tätig ist, beobachtet die Szene seit drei Jahrzehnten. Dabei hat er einige Unterschiede entdeckt. "Früher hatten die Spieler einen unglaublichen Body", sagt er. "Heute haben sie weniger Masse, sind aber voll austrainiert, schlank und muskulös."

Ein gutes Geschäft waren die Tage in Doha bis zum 4. Januar für ihn nicht. 20 Euro pro Schläger-Besaitung werden bei einem ATP-Turnier der 250er Kategorie gezahlt. Zum Vergleich: 22 Euro bei einem 500er Turnier, 24 Euro bei einem Grand Slam-Turnier, und 14 Euro zahlen die normalen Tennisspieler im Club.

Trotzdem hat René Kaiser die Tage in Doha genossen. Der Flug und die Unterkunft waren frei, er hatte alle Privilegien und bekam ein kleines Taschengeld. Hauptberuflich möchte er den Job aber nicht machen. Weniger wegen der geschundenen Fingerkuppen als vielmehr wegen seiner Familie. "40 Wochen auf der Tour durch die Welt tingeln, ist mit einer Familie überhaupt nicht möglich. Da bleibe ich lieber Tennislehrer im Club", sagt er.

(RP)
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