Serie Fußballfans aus Ratingen, Teil 2 Stimmgewaltig für Eintracht Frankfurt

Ratingen · Ratingen ist eine fußballbegeisterte Stadt – mit breit gefächerten Sympathien. In unserer Serie berichten Anhänger unterschiedlicher Vereine über die Liebe zu ihrem Klub, ihre schönsten Fan-Erlebnisse, -Rituale und -Träume.

 Sogar ein Mund-Nasen-Schutz von der Frankfurter Eintracht, der zu karitativen Zwecken verkauft wird, ist im Besitz von Jörg Linskens.

Sogar ein Mund-Nasen-Schutz von der Frankfurter Eintracht, der zu karitativen Zwecken verkauft wird, ist im Besitz von Jörg Linskens.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Seit Jahrzehnten Handball-Torwart, langjähriger Begleiter des Ratinger Eishockeys und Fußballfan – Jörg Linskens ist zweifelsohne breit aufgestellt in seiner Sportbegeisterung. Seine Stimmgewalt, die vielen alteingesessen Eishallen-Besuchern noch in bester Erinnerung sein dürfte, widmet er aber mittlerweile im Wesentlichen der Frankfurter Eintracht.

Wobei seine Leidenschaft für den Klub aus der Main-Metropole auch schon eine lange Geschichte hat. „Mitte der 80er Jahre gehörten Thomas Berthold und Uli Stein zu meinen Lieblingsspielern“, verrät der heute 45-Jährige. Ersterer war Ur-Frankfurter, und als dann 1987 auch Linskens‘ Torwart-Idol Stein zur Eintracht wechselte und mit ihr auf Anhieb den DFB-Pokal gewann, war seine Fan-Bindung endgültig fix.

Seitdem hat Linskens mit seinen „Adlern“ sportliche Ausnahmesituationen erlebt, die wahrscheinlich für mehrere Fan-Leben reichen würden. „Eintracht ist das personifizierte Stehaufmännchen, immer, wenn man nicht mehr damit rechnet“, sagt er. „Es spitzt sich immer irgendwie auf den letzten Spieltag zu.“ Und genau so waren seine persönlichen Highlights, die jeweils Bundesliga-Geschichte schrieben.

Im Mai 1999 krönte die Eintracht in der „Mutter aller Abstiegskämpfe“ einen beispiellosen Saison-Endspurt mit einem Kantersieg gegen den Meister Kaiserslautern, wobei der nötige 5:1-Sieg mit vier Toren in den letzten 20 Minuten herausgeschossen wurde. Linskens sah den legendären Fjörtoft-Übersteiger und das anschließende entscheidende Tor aus nächster Nähe, weil er selbst spektakulären Einsatz gezeigt hatte: Einen Tag zuvor nach Frankfurt zur Geschäftsstelle, zwei Stehplatzkarten ergattert, zurück nach Ratingen und am nächsten Morgen wieder nach Hessen.

„Emotional noch mitreißender war das Reutlingen-Spiel“, so Linskens mit Blick auf das ganz ähnliche Szenario, das sich vier Jahre später zutrug: Selber Ort, wieder letzter Spieltag. Wieder brauchte die Eintracht, diesmal als Zweitligist, einen hohen Sieg für die Bundesliga-Zugehörigkeit, als sie sieben Minuten vor Schluss im Fernduell mit Mainz noch drei Tore brauchte. Und die erzielte sie zum 6:3. Und statt regendurchnässt und frustriert den Heimweg anzutreten, feierte man feucht-fröhlich den Aufstieg.

Linskens spricht aus eigenem Erleben vom „Klub der Wunder“. Die letzter Ausgabe, dem Pokalsieg gegen die Bayern 2018, konnte er allerdings mangels Karte nicht im Stadion beiwohnen. „Geschäftsstellenfahrten bringen da heute nichts mehr“, sagt er. Und bei mehr als 90.000 Vereinsmitgliedern reiche auch die eigene Mitgliedschaft nicht fürs Ergattern von Endspielkarten, selbst wenn, wie bei ihm, auch die eigene Tochter von Geburt an dem Klub angehört.

Und da sowohl seine Rolle als Familienvater als auch die Spielplaneinteilung eine langfristige Vorplanung oft nicht zulassen, muss er sich mittlerweile pro Saison auf je drei bis vier Spiele daheim und auswärts beschränken. Wenn er nicht live im Stadion dabei sein kann, verfolgt er die Spiele vor dem Fernseher mit einem Kleidungs-Ritual: „Immer in dem Trikot, das die Mannschaft an dem Spieltag trägt“ – was weniger aufwendig klingt, als es ist, angesichts von aktuell vier (!) verschiedenen Spielkleidungen.

Seine Eintracht-Leidenschaft teilt Linskens mit einer „festen Truppe“ aus Ratingen, in der man zu dritt oder viert zu den Heimspielen fährt oder die Spiele gemeinsam am Fernseher verfolgt. In Ratingen selbst schätzt er die wechselseitige Toleranz unter den Fußballfans: „Ob in der Stadt oder am Bahnhof, hier kann man sich recht stressfrei im Trikot bewegen, der Umgang ist unkompliziert und entspannt.“ Die Eintracht-Fans beschreibt er als „stimmungsvoll, kreativ und auch auswärts immer zahlreich“.

Und was wünscht er sich für diese Saison? „Alles, außer Platz 7! Nicht nochmal nur drei Wochen Sommerpause.“ Auch ein neuerlicher Pokalsieg wäre ja noch drin, wobei die Halbfinal-Hürde (bei Bayern) maximal hoch liegt. Aber unabhängig vom Ausgang dieser Spielzeit hat er einen bestimmten Wunsch: „Ich würde gerne mal mit der Eintracht nach Glasgow – egal, ob Rangers oder Celtic. Das wäre in beiden Fällen ein geiles Stadion mit einer geilen Atmosphäre.“ Eine, in die Jörg Linskens mit seiner Stimmgewalt bestens hineinpassen würde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort